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Klaus Stern / Jörg Herrmann

Andreas Baader. Das Leben eines Staatsfeindes

München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2007; 360 S.; kart., 15,- €; ISBN 978-3-423-24584-5
30 Jahre nach dem „Terrorjahr 1977“ legt der mit dem Deutschen Fernsehpreis für den Film „Andreas Baader – Der Staatsfeind“ ausgezeichnete Klaus Stern zusammen mit dem habilitierten Theologen Jörg Herrmann die erste Biografie über den Linksterroristen vor. Der 1943 geborene Baader war einer der führenden Köpfe der ersten Generation der RAF und an Sprengstoffattentaten mit insgesamt vier Todesopfern beteiligt. Stern befasst sich mit Baaders Leben, angefangen mit der Kindheit im vaterlosen Haushalt bis zur Festnahme im Jahre 1972. Herrmann thematisiert Baaders Zeit im Gefängnis bis 1977. Unzählige Details zum Leben Baaders und am Rande auch zur RAF sind dabei in die Beschreibung vor dem Hintergrund der wichtigsten skizzierten politischen Ereignisse eingeflossen. Aufgrund von zahlreichen Interviews mit Personen aus dem Umfeld Baaders, der Auswertung von Briefen und Gerichtsprotokollen entsteht ein komplexeres Bild von Baader als gewöhnlich bekannt ist. So tritt neben das Bild eines selbstverliebten Dandys, brutalen Tatmenschen und „Desperados ohne linksradikale Textbegründungen“ (Robert Misik, 311) auch zunehmend das Bild eines politischen Strategen und PR-Managers der RAF. Dieser Gesichtspunkt wird besonders in Bezug auf Baaders Koordinationsrolle für die RAF im Gefängnis deutlich. Fraglich bleibt in diesem Zusammenhang, warum Gudrun Ensslin aufgrund ihrer Bedeutung für Baader nicht der entsprechende Raum zugebilligt wird. Die Autoren der schnell lesbaren Biographie beleuchten mehrere Sichtweisen der Ereignisse, besonders wenn Versuche der Mythenbildung durch die RAF bzw. Baader selbst vermutet werden. In der immer wieder aufkommenden Frage nach einem Mord oder Selbstmord der RAF-Inhaftierten 1977 beziehen die Autoren abschließend klar Stellung, indem sie die These vom Mord in Stammheim widerlegen und vor allem als Inszenierung von Baader entlarven. Insgesamt sehen die Autoren die Rolle von Baader in der terroristischen Eskalationsdynamik weniger in der eines Erfinders, sondern mehr in der eines „Verstärkermediums“: Ohne ihn wäre „eine derartige Dimension des Terrorismus [...] vermutlich nicht erreicht worden“ (317).
Steffen Albach (SA)
Studienassessor, Lehrbeauftragter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Gießen.
Rubrizierung: 2.37 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Steffen Albach, Rezension zu: Klaus Stern / Jörg Herrmann: Andreas Baader. München: 2007, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/27208-andreas-baader_31808, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 31808 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken