Politikwiss. Diss. Hamburg; Gutachter: M. Hereth, G. Trautmann. - Amtsträger treffen die wichtigen Entscheidungen in einer Demokratie. Dabei sind sie nicht etwa unabhängig oder nur ihrem Gewissen unterworfen, sondern befinden sich in einem engen Netz von Beziehungen und Abhängigkeiten, sei es innerhalb von Fraktionen oder Kabinetten, im Verhältnis zur Partei oder zur Bevölkerung. Dieses Netz zeigt das Buch von Blumenthals an vier Beispielen auf: die Diskussion über das Staatsangehörigkeitsrecht und über den "Großen Lauschangriff", den Rücktritt der Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und die Auseinandersetzung um Garzweiler II in Nordrhein-Westfalen. Neben umfangreicher Literatur und Quellenmaterial dienen sieben Interviews mit Amtsträgern als Grundlage für diese Untersuchung, die im Anhang vorbildlich dokumentiert sind. Die Beziehungen und Abhängigkeiten der Amtsträger sind dabei höchst unterschiedlich und abhängig davon, welches Amt sie bekleiden und welches Verständnis sie von diesem Amt haben. Von Blumenthal arbeitet diese Bindungen und Loyalitäten der Amtsträger klar heraus. Nicht überraschend, aber doch erschreckend tritt dabei zutage, dass "eine Verlagerung der politischen Entscheidung und Verantwortung aus den Verfassungsinstitutionen in Parteigremien" stattfindet und "die primäre Loyalität mehr den Parteimitgliedern als den Bürgerinnen und Bürgern gilt" (249). Damit ist dieses Buch über den eigentlichen Gegenstandsbereich hinaus ein Beitrag zur Debatte über Politikverdrossenheit und ein sehr gelungener Anstoß, über die verfassungsmäßige und tatsächliche Ausgestaltung der Demokratie in der Bundesrepublik nachzudenken.