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Claus Arndt

Amt und Mandat. Ausgewählte Reden und Schriften aus drei Jahrzehnten. Band 3

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 1996; 265 S.; geb., 72,- DM; ISBN 3-7890-4443-1
Die Lektüre dieses Bandes führt zu Respekt und Bewunderung: Respekt vor der Souveränität, mit der der langjährige rechtspolitische Experte der SPD-Bundestagsfraktion die Probleme analysiert und erörtert, und Bewunderung für die unermüdliche Tatkraft und Energie, mit der es ihm gelang, ein umfangreiches wissenschaftliches Werk neben seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter sowie als Senatsdirektor und Lehrer des öffentlichen Rechts in Hamburg zu schaffen. (1991 sind im Droste Verlag unter dem Titel "Spuren in der Zeit" seine Erinnerungen erschienen.) Aus politikwissenschaftlicher Sicht besonders beachtenswert sind die Texte in den Kapiteln "Kontrolle der Nachrichtendienste" und "Parlamentsfragen". Der Vorschlag eines besonderen, im Grundgesetz verankerten Verfassungsorgans zur Kontrolle der Nachrichtendienste ist nach wie vor aktuell. Durch die Vorschrift, daß dieses Gremium nur mit Bundestagsabgeordneten besetzt werden darf, würde es praktisch wie ein Bundestagsausschuß fungieren, jedoch ohne daß gegebenenfalls eine verfassungsfeindliche Partei im Bundestag einen Anspruch auf Sitz und Stimme hätte (158 f.). Nach wie vor relevant ist auch der - zuerst 1994 im Jahrbuch für Politik veröffentlichte - Aufsatz "Öffentlichkeit der Parlamentsausschüsse? Unter besonderer Berücksichtigung des Deutschen Bundestages" (129-154). Überzeugend legt Arndt die möglichen Nachteile permanenter Ausschußöffentlichkeit dar, empfiehlt dann jedoch ganz pragmatisch, statt weiterer endloser Diskussionen einfach mal einen Versuch zu wagen. Wie wär's damit nach der Bundestagswahl 1998? Endlich Beachtung finden - sowohl bei Parlamentarismustheoretikern als auch bei theoretisch interessierten Praktikern - sollte Arndts Sondervotum von 1976 zur "Gesetzesberatung". Damals hatte die Enquetekommission Verfassungsreform vorgeschlagen, daß der Sitzungspräsident verpflichtet wird, vor jeder Abstimmung über ein Gesetz die Beschlußfähigkeit des Bundestages von Amts wegen festzustellen, um die Plenarpräsenz zu verbessern und der immer wieder vorgetragenen Kritik am leeren Plenarsaal entgegenzuwirken. Der Bundestag ist diesem Vorschlag der Mehrheit der Kommission nicht gefolgt. Arndts Kritik war und ist berechtigt: Da das Ergebnis der Debatten in der Regel von vornherein feststeht, würde eine über die Geschäftsordnung erzwungene zusätzliche Plenarpräsenz lediglich bedeuten, daß Abgeordnete zu Statisten degradiert werden. Der Bundestag ist dieser Kritik sozusagen stillschweigend gefolgt: Den Vorschlag der Mehrheit der Enquetekommission hat er nicht realisiert. Das grundsätzliche Umdenken jedoch, die Erörterung der sich daraus ergebenden Konsequenzen - etwa für die traditionelle staatsrechtliche Gewaltenteilungslehre (Art. 20 II 2 GG) - ist bis heute Desiderat. Erstmals veröffentlicht werden zwei Entscheidungen der Bundesschiedskommission der SPD, an denen Arndt mitgewirkt hat. Inhalt: Vorwort von Hans-Jochen Vogel (7-9). A. Verfassung und Justiz: Zum Begriff der Partei im Organstreitverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (1962); Verfassungsprobleme in Hamburg (1995); Ursprünge und Entstehungsgeschichte des Widerstandsrechts (Art. 20 Abs. 4 GG) (1993); Bundestagsrede zum Gesetz über Richteramtsbezeichnungen am 15.12.1971; Die Reform der Juristenausbildung (1959). B. Parlamentsfragen: Parlamentarische Gesetzgebung und Bundesverfassungsgericht (1981); Sondervotum zur Gestaltung der Gesetzesberatung (Enquetekommission Verfassungsreform des Deutschen Bundestages) (1976); Öffentlichkeit der Parlamentsausschüsse? (1994). C. Kontrolle der Nachrichtendienste: Sondervotum zur parlamentarischen Kontrolle der Nachrichtendienste (Enquetekommission Verfassungsreform des Deutschen Bundestages) (1976); 25 Jahre Post- und Telephonkontrolle - die G 10-Kommission des Deutschen Bundestages (1995); Die Fernmeldekontrolle im Verbrechensbekämpfungsgesetz (1995). D. Internationale Fragen: Bilan de la politique de détente entre les deux États allemands (1977); Ergebnisse der Entspannungspolitik in Deutschland (1979); Zur internationalen Situation Berlins (1979); In Memoriam Peter Strasser - Erinnerungen zum 75. Geburtstag (1992); Bundeswehreinsatz für die UNO (1992). E. Entscheidungen der Bundesschiedskommission der SPD: Parteiausschlußverfahren wegen unsolidarischer Wahlwerbung (231-239); Statutenstreitverfahren wegen der Mitwirkung nicht Wahlberechtigter bei der Kandidatenaufstellung (240-244). F. Sonstige Beiträge: Der SDS und die Wehrverfassung 1953 (1995); Rezension über Bücher zu Carl Schmitt (1995).
Eberhard Schuett-Wetschky (SW)
Prof. Dr., Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel (www.politik.uni-kiel.de/prof_schuettwetschky.php).
Rubrizierung: 2.321 | 2.331 | 2.325 | 2.322 | 4.21 | 2.323 Empfohlene Zitierweise: Eberhard Schuett-Wetschky, Rezension zu: Claus Arndt: Amt und Mandat. Baden-Baden: 1996, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/3230-amt-und-mandat_4235, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 4235 Rezension drucken