Mit der aktuellen Debatte über die Zunahme von Ausgrenzungen und Ausgrenzungsrisiken wird die soziale Frage neu gestellt. Während in der klassischen Armutsforschung Einkommensdefizite im Vordergrund standen, betont das Ausgrenzungskonzept viel stärker Gesichtspunkte der sozialen Teilhabe und gesellschaftlichen Integration. Nicht zuletzt die Europäische Kommission hat ihren Initiativen zur Bekämpfung sozialer Ausgrenzung ein multidimensionales, Benachteiligungen in unterschiedlichen Lebensbereichen berücksichtigendes Verständnis von Armut zugrunde gelegt. Allerdings greift eine Vielzahl auch neuerer Studien – trotz des verwendeten Ausgrenzungsvokabulars – überwiegend auf Daten zurück, die eine ungleiche Verteilung materieller Ressourcen abbilden. Dagegen rückt die Autorin individuelle Erfahrungen von Ausgrenzung ins Zentrum ihrer Studie. Die empirische Basis ihrer Analysen bilden repräsentative Erhebungen des Wohlfahrtssurveys und des Eurobarometers. Die Befunde beziehen sich primär auf Deutschland, sie werden durch einen knappen europäischen Vergleich ergänzt. Dem analytischen Teil, der sich mit der Perzeption von Teilhabechancen, Ausgrenzungsrisiken und -folgen befasst, ist eine Diskussion einschlägiger theoretischer Konzepte vorangestellt. Die Ergebnisse zeigen, dass eine Berücksichtigung der individuellen Wahrnehmungen das Verständnis von sozialer Ausgrenzung erweitern kann. Außerdem wird zweierlei deutlich: Einerseits konzentrieren sich prekäre Lebenslagen nach wie vor auf strukturell benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Andererseits hat sich seit den neunziger Jahren auch in den Mittelschichten ein Klima von Verunsicherung und Abstiegsängsten ausgebreitet, das nicht als Ausgrenzung interpretiert werden kann, aber gleichwohl Fragen nach der Integrationsfähigkeit dieser Gesellschaft aufwirft.