Diss. Freiburg i. Br.; Begutachtung: U. Kempf, R. Denk. – Während des Wahlkampfes um das Amt des französischen Präsidenten behauptete Nicolas Sarkozy in einem Fernsehduell, dass er die Instituts Universitaires de Formation des Maîtres (die IUFM sind para‑universitäre Lehrerausbildungsinstitute) abgeschafft habe. Zwar hat es (vor und während Sarkozys Amtszeit) große Bildungsreformen in Frankreich gegeben – dass die IUFM aber nicht mehr existieren, ist falsch. „Thema dieser Arbeit sind die beiden Reformen der Lehrerausbildung in Frankreich in den Jahren 1989 und 2005, durch welche schrittweise die Lehrerausbildung von speziell dafür vorgesehenen Instituten“ (19) (Écoles Normales; bis vor 1989) an die IUFM (von 1990 bis 2005) und dann teilweise an die Universitäten (seit 2005) verlagert wurde. Hierbei interessiert Verena Raïssa Bodenbender insbesondere, weshalb es so schnell aufeinanderfolgend zu zwei Reformen kam. In ihrer Dissertation greift sie auf das Phasenmodell der Policy‑Analyse zurück, um die von der Politik identifizierten Probleme, die mit der Reform intendierten Ziele und die zur Durchführung der Reform eingesetzten Institutionen und deren Aufgaben zu erfassen. Wie Bodenbender feststellen kann, sind die 2005 beschlossenen Reformen nicht als neuer Umsetzungsversuch derselben Ziele zu sehen. Vielmehr fand ein Paradigmenwechsel statt, durch den die Vorstellung, dass jede_r den Lehrberuf ausüben kann, von der Überzeugung abgelöst wurde, dass eine Professionalisierung der Lehrer_innenausbildung notwendig ist. An den Reformprozessen 1989 und 2005 wurden Expert_innen, Gewerkschaften und andere Akteure beteiligt, sodass die Parti Socialiste die erste Reform ohne großen Widerstand durchsetzen konnte und es auch im Vorfeld der Reform von 2005 eine große öffentliche Debatte gab. Allerdings wurde durch die Einführung des Masterstudiums 2010 die wichtigste Errungenschaft von 1989, ein Wechsel von Theorie und Praxis während der Ausbildung, wieder aufgehoben. Denn mit der sogenannten Mastérisation wurde die zuvor eingeführte Transparenz und Vereinheitlichung abgeschafft und eine „völlige Neuausrichtung der Lehrerbildung eingeschlagen, die keinen Bezug zu der zuvor anvisierten und als Reformziel genannten stärkeren Professionalisierung der Lehrer hat“ (420).