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Alfred Weinzierl / Klaus Wiegrefe (Hrsg.)

Acht Tage, die die Welt veränderten. Die Revolution in Deutschland 1989/90

München: Deutsche Verlags-Anstalt 2015; 368 S.; geb., 19,99 €; ISBN 978-3-421-04682-6
Festgemacht an Tagen, an denen Geschichte geschrieben wurde, wird in diesem Sachbuch die friedliche Revolution in der DDR rekapituliert. Die Beiträge sind Wiederabdrucke von Artikeln, die zwischen 1989 und 2014 im SPIEGEL erschienen sind, eingefügt ist außerdem ein Auszug aus dem Protokoll der Vernehmung Erich Honeckers vor der DDR‑Generalstaatsanwaltschaft im Januar 1990 – liest man die Aussagen heute noch einmal, stellt sich der Eindruck ein, dass Honecker es bis zum Schluss sehr geschickt verstanden hat, sein effizientes diktatorisches Regieren zu verharmlosen und zu kaschieren. Dass die wissenschaftliche Literatur diesen Eindruck in den vergangenen Jahren korrigiert hat, findet in diesem Buch leider keinen Niederschlag. Die Beiträge vermitteln ein eher direktes Bild des Geschehens, eingeleitet werden sie von einem Aufsatz von Dirk Kurbjuweit, der einige diskussionswürdige Thesen darüber entwickelt, dass sich nicht eben einfach nur die DDR der Bundesrepublik angeschlossen, sondern diese auch verändert hat. So meint er, dass CDU und SPD de facto eine neue Einheitspartei geschmiedet haben, Bundeskanzlerin Angela Merkel als gelernte Ostdeutsche „das DDR‑Element der diskursiven Stille in die bundesdeutsche Politik trägt“ und Bundespräsident Joachim Gauck, „auch ein Ostdeutscher, für die vernehmliche Dissidenz“ (17) steht – zu fragen wäre allerdings, ob nicht tatsächlich Globalisierung und Neoliberalismus einen viel wirkmächtigeren Einfluss auf die heutige Politik haben als ein untergegangener Teilstaat. Kurbjuweit jedenfalls folgert, dass der lange Weg nach Westen unterbrochen sei. Der Schlussbeitrag von Heinrich August Winkler, der einzige Originalbeitrag im Buch, geht in eine andere Richtung. Er lässt die drei deutschen Revolutionen in ihren Eigenheiten Revue passieren: 1848 scheiterte, weil der preußische König kein deutscher Kaiser werden wollte, 1918/19 war eigentlich nur ein Regimewechsel und erst 1989 brach revolutionär eine bisherige Ordnung zusammen. Die deutsche Frage, die auch immer eine von Einheit und Freiheit war, ist damit gelöst, der Weg geht weiter nach Westen. Für Winkler ist es Zeit, nach vorne, auf Europa, zu blicken.
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Rubrizierung: 2.3142.3152.311 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Alfred Weinzierl / Klaus Wiegrefe (Hrsg.): Acht Tage, die die Welt veränderten. München: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38872-acht-tage-die-die-welt-veraenderten_47142, veröffentlicht am 17.09.2015. Buch-Nr.: 47142 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken