Die Prämisse „Niemanden zurücklassen“ steht für den gesellschaftspolitischen Auftrag der Agenda 2030. Dabei kommt den Kommunen eine besondere Rolle zu. Vertreter*innen aus aller Welt zeigten während des Bonn Symposiums 2016 Wege zur Umsetzung dieses Auftrags auf lokaler Ebene auf, worüber Rebekka Hannes berichtet.
Die im September 2015 verabschiedete Agenda 2030 wurde unter breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft in aller Welt entwickelt. Um die Nachhaltigkeitsziele umzusetzen, ist wiederum eine intensive Zusammenarbeit der Vertreter*innen aller staatlichen Ebenen mit denen zivilgesellschaftlicher Organisationen notwendig. In dieser Zusammenstellung findet sich eine kleine Auswahl an Stellungnahmen deutscher Nichtregierungsorganisationen. Darin werden mehr Nachhaltigkeit in zentralen Politikfeldern und auch institutionelle Veränderungen gefordert.
Die Prognosen über eine Zukunft unter den Vorzeichen von Big Data sind meist dystopisch. Gewarnt wird vor einer unkontrollierten Datensammelwut zulasten der Freiheit des Bürgers sowie vor einer Aushöhlung des Sozialstaates, gefürchtet wird eine Entwicklung, an deren Ende der Einzelne eine in seinen Bedürfnissen und Rechten marginalisierte Existenz fristet. Allerdings scheint sich der Fokus langsam zu verschieben, weg von einem pauschalen Abgesang auf die demokratische Welt, wie wir sie kennen, hin zu der Frage, wie der digitale Wandel gestaltet werden soll und kann.
Der Jens Martens bezweifelt, dass die vom Weltwirtschaftsforum als Antwort auf die Covid-19-Pandemie gestartete Initiative eines „Great Reset“ des Kapitalismus hilft, die aktuellen Krisen tatsächlich zu überwinden. In dem von einer globalen Koalition von Organisationen der Zivilgesellschaft, u. a. dem Global Policy Forum, herausgegebenen Bericht „Spotlight on Sustainable Development 2020“ wird stattdessen eine Agenda formuliert, die für acht Politikbereiche Reformen und auch Veränderungen in den zugrunde liegenden Narrativen vorsieht, wie Jens Martens schreibt. Hierzu zähle etwa die Durchsetzung der Klimagerechtigkeit.
In Deutschland sei eine öffentliche Diskussion über einen breiten Ansatz von Nachhaltigkeit erforderlich, schreibt Sabina Wölkner. Reformen für wirtschaftliche Modernisierung, Klimaschutz und Innovation hält sie für überfällig, damit mehr Menschen in Frieden, Freiheit und Wohlstand leben können. Es gelte, ökologische Tragfähigkeit mit wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und sozialer Gerechtigkeit zusammenzudenken. Ohne entschiedenes Handeln werde kein Land bis 2030 die SDGs erreichen, daher fordert die Autorin mehr Mut zur Nachhaltigkeit.
Alexander von Pechmann dekonstruiert unsere modernen Eigentumsordnungen, ihre Genese, ihre Rechtfertigungsstrategien und ihre Effekte. Dabei fragt der Philosoph insbesondere nach den Konsequenzen eines Status quo in der Eigentumsfrage, während sich die Welt global ökologisch wie demografisch rasant verändere. Er skizziert dabei Herausforderungen und Lösungsansätze. Die Analyse, so Max Lüggert, liefere den Stoff, um diese wichtige Auseinandersetzung gedanklich zu führen: beispielsweise in Form der Forderung nach einer stärker bindenden Formulierung zum Allgemeinwohl im Artikel 14 des Grundgesetzes.
Es geht um die Frage, inwieweit eine nachhaltige Entwicklung langfristig, auch über 2030 hinaus, gesichert werden kann. Die Autor*innen vermitteln Denkanstöße und beziehen dabei den Weltraum mit seinen unterschiedlichen Implikationen in ihre Gedanken ein. Da er zur globalen Umwelt gehöre und schützenswert sei, ähnlich wie Wasser und Luft, wird beispielsweise erwogen, eine internationale „technical diplomacy“ für den Weltraum zu schaffen. Auch die Weltraumforschung könne zur Entwicklung von neuen Technologien führen, die der gesamten Erde dienten.
In den hier beispielhaft vorgestellten Studien werden die Automatisierungspotenziale gegenwärtig vorhandener Arbeitsplätze geprüft und wichtige Fragen aufgeworfen: Wie kann einer Polarisierung auf dem Arbeitsmarkt entgegengewirkt werden? Sollten Berufe, in denen der Mensch unverzichtbar ist, aufgewertet werden? Wer setzt sich für die prekär Beschäftigten ein, die in den neu entstehenden, einfachen Dienstleistungsjobs arbeiten? Und schließlich auch: Sollte die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit nicht doch aufrechterhalten werden?
Der weltweit erfolgreichste Roboter im Einsatz ist der automatische Staubsauger – von der Übernahme der Weltherrschaft durch Künstliche Intelligenz (KI) dürften wir also noch weit entfernt sein. „Schafft der Mensch den Menschen ab?“ lautete trotzdem die leitende Frage einer Tagung, die die Zeit-Stiftung im April 2018 in Hamburg veranstaltete. Die Antwort fiel zwar unisono mit einem „Nein“ aus, deutlich wurde aber dennoch, dass wir am Beginn einer Zukunft stehen, in der die Digitalisierung der Arbeitswelt die Gesellschaft zwingt, sich neu zu finden.
Florian Butollo problematisiert die Digitalisierung der Arbeitswelt: Ein heterogenes Technologiebündel forciert einen Strukturwandel, mit dem die Ungleichheit vergrößert wird – den zuvor gesicherten und nun wegrationalisierten Arbeitsplätzen stehen vor allem neue Jobs im Bereich der einfachen Dienstleistungen mit schlecht bezahlten und prekär Beschäftigten gegenüber. Die Politik ist daher gefordert, sich den Fragen der Arbeitszeitverkürzung, der Umverteilung und der Aufwertung ganzer Berufsbereiche zu stellen.
Branko Milanović hat nach Meinung von Thomas Mirbach mit seiner Studie „Kapitalismus global“ einen wichtigen Beitrag zur Untersuchung globaler post-demokratischer Tendenzen vorgelegt. Vor allem seine empirischen Analysen des Zusammenwirkens kapitalismusspezifischer Strukturentwicklungen – wachsende Einkommensungleichheiten, Abkoppelungen von Eliten, steigende Korruption – seien von Relevanz für die Fachdiskussion. Dass der Autor sich zur Erläuterung seines Demokratieverständnisses auf ‚realistische’ Spielarten der Konkurrenzdemokratie (Joseph Schumpeter) beziehe, hält Mirbach für ein Manko, beeinträchtige aber nicht die empirischen Befunde dieser Publikation.
Der Begriff Nachhaltigkeit sei zu einem inhaltsleeren Modewort verkommen. Mit dieser Klage stehen Christa Zuberbühler und Christine Weiss nicht allein da, doch sie gehen einen Schritt weiter und hinterfragen die allgemein anerkannte enge Verbindung zwischen Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit. Denn, so das Argument, der Raubbau an der Natur oder der klimaschädliche CO2-Ausstoß müssten gestoppt werden, ob mit oder ohne Gerechtigkeit. Daher sollte Nachhaltigkeit nur noch als Funktionsbeschreibung verstanden und von „emotionalen Aufladungen“ wie eben der Gerechtigkeitsfrage befreit werden.
In Deutschland erhält der menschengemachte Klimawandel im politischen und gesellschaftlichen Diskurs eine erhöhte Aufmerksamkeit. In diesem Zuge findet eine breite Debatte über die Einführung einer CO₂-Steuer als Mittel zur Begrenzung des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid statt. In diesem Beitrag werden die unterschiedlichen Positionen und Forschungsergebnisse zu dieser Umweltsteuer gegenübergestellt. Im Mittelpunkt steht die Frage nach den konkreten Rahmenbedingungen und den Auswirkungen eines CO₂-Preises.
Die Nachhaltigkeit steht im Zentrum der Auseinandersetzung über eine zukunftsorientierte, ökologische und ressourcenorientierte Form des Wirtschaftens und Zusammenlebens. Daniela Gottschlich geht in ihrer Dissertation davon aus, dass Nachhaltigkeit nur weitergedacht gedacht werden kann, wenn diese als Diskurs verstanden wird. Im Mittelpunkt steht dann die Frage, was Nachhaltigkeit aus kritisch-emanzipatorischer Perspektive überhaupt heißen kann. Sie identifiziert Elemente eines emanzipatorischen und transformativen Verständnisses, das sie als kommende Nachhaltigkeit bezeichnet.
Das Hochrangige Politische Forum (HLPF), das zentrale Element der UN-Nachhaltigkeitsarchitektur, befördere die nationale Umsetzung der Agenda 2030, schreibt das Autorinnenduo. Es koordiniere unter anderem die freiwilligen nationalen Berichterstattungen der Mitgliedstaaten zum Stand der Umsetzung der Nachhaltigen Entwicklungsziele. Vier Jahre nach der Verabschiedung der Agenda 2030 sei bei der UN-Generalversammlung das HLPF-Format überprüft worden. Trotz eines überwiegend positiven Fazits dieses Gremiums seien zahlreiche Verbesserungsvorschläge präsentiert worden.