Die Prämisse „Niemanden zurücklassen“ steht für den gesellschaftspolitischen Auftrag der Agenda 2030. Dabei kommt den Kommunen eine besondere Rolle zu. Vertreter*innen aus aller Welt zeigten während des Bonn Symposiums 2016 Wege zur Umsetzung dieses Auftrags auf lokaler Ebene auf, worüber Rebekka Hannes berichtet.
Der Psychologe und Religionskritiker Ahmad Mansour sieht nicht nur die deutsche Gesellschaft für das Gelingen einer Integration von zugewanderten Menschen in der Pflicht, sondern vor allem auch jene selbst – sie müssten bereit sein, manches, was in ihrem Herkunftsland galt, infrage zu stellen und die Werte ihrer neuen Heimat anerkennen. Mansour warnt ausdrücklich vor falsch verstandener Toleranz und benennt diese als Integrationshemmnis. Ein praktisches Beispiel sei die Schulpflicht, die unbedingt durchzusetzen sei. Staat und Gesellschaft sollten eine „Kultur der Inklusion“ fördern.
Eine erfolgreiche Integration habe keinesfalls zur Folge, dass die Gesellschaft homogener, harmonischer oder konfliktfreier werde. Vielmehr, so die zentrale Aussage des Buches, erhöhe sich das Konfliktpotenzial. Denn gestiegene Integration steigere Selbstbewusstsein, und Souveränität nähre Forderungen nach noch mehr Teilhabe beziehungsweise, weiter gefasst, nach mehr Mitsprache bei der Diskussion um gesellschaftliche Spielregeln. Daher sieht Aladin El-Mafaalani in einem erstarkenden Rechtspopulismus einen Beleg dafür, dass Integration gelinge.
Das Handbuch löst den Anspruch einer umfassenden Behandlung kommunaler Integrationspolitik in den jeweiligen Facetten und Rahmungen gut ein. Gerade die Vielfalt der eingenommenen Perspektiven – dem Prinzip zunehmender Konkretion folgend – belegt überzeugend die in den vergangenen rund zehn Jahren erfolgte konzeptionelle Ausdifferenzierung und Professionalisierung des Handlungsfeldes auf kommunaler Ebene. Auch das kann man den Beiträgen entnehmen: Die allmähliche Abkehr von der Position, Deutschland sei kein Einwanderungsland, vollzieht sich konkret in den Kommunen.
Differenzierte Integration, die Abweichung der Nationalstaaten von EU-Recht, hat den Entstehungsprozess der Europäischen Union von Beginn an begleitet. Positiv betrachtet findet sie im Begriff Europa der unterschiedlichen Geschwindigkeiten ihren Ausdruck. Thomas Duttle verfolgt mit seiner Dissertation drei Ziele: Erstens geht es darum, das Ausmaß differenzierter Integration zu erklären. Zweitens sollen anhand der drei Denkschulen Intergouvernementalismus, Supranationalismus und Konstruktivismus die Gründe für eine differenzierte Integration aufgezeigt werden. Drittens prüft der Autor die Aussagekraft dieser Theorien bezüglich der differenzierten Integration.