Wahlen

Frankreich wählt. Kommt das Ende der V. Republik?

Anfang 2015, am Tag des Anschlages auf Charlie Hebdo, erschien Michel Houellebecqs Roman „Unterwerfung“. Die Geschichte, die im Jahr 2022 spielt, handelt vom Niedergang der V. Republik. Der Konflikt zwischen den Rechten auf der einen und den Sozialisten, den Konservativen und muslimischen Kräften auf der anderen Seite droht zu einem Bürgerkrieg zu eskalieren. Um die Machtübernahme des Front National unter der Führung von Marine Le Pen zu verhindern, gehen die Parti Socialiste und die Konservativen ein Bündnis mit der Partei von Mohamed Ben Abbes ein. Einmal zum Staatspräsidenten gewählt, führt er eine Theokratie und die Scharia sowie das Patriarchat und die Polygamie ein. Frankreich wird – zumindest im Roman von Houellebecq – von seinen Ängsten zerrieben: dem Aufstieg der Rechten und der Islamisierung.

Thorsten Faas / Dietmar Molthagen / Tobias Mörschel (Hrsg.): Demokratie und Demoskopie. Machen Zahlen Politik?

Thorsten Faas / Dietmar Molthagen / Tobias Mörschel (Hrsg.)

Demokratie und Demoskopie. Machen Zahlen Politik?

Wiesbaden, Springer VS 2017

Über die Demoskopie wird seit jeher kontrovers diskutiert. Das kann angesichts der häufigen „Sonntagsfragen“ und der Berichterstattung über jede noch so kleine Veränderung bei den Werten kaum verwundern. Die Belastbarkeit der Daten sei erheblich überstrapaziert, es bestehe eine Tendenz zur „Stimmungsdemokratie“ und die Konzentration auf Umfragedaten gehe zulasten der Inhalte, schreiben die Herausgeber dieses Tagungsbandes, der unter anderem den Herausforderungen der Datenerhebung, dem Zusammenhang von Berichterstattung und Umfrageergebnissen und den Auswirkungen von Umfragen auf das Wahlverhalten gewidmet ist.

Fünf unglückliche Jahre. Das Scheitern von François Hollande und der Niedergang der Parti Socialiste

Hollande

Für eine Bilanz der Präsidentschaft Hollandes ist es noch zu früh. Allerdings weisen schon jetzt viele Zeichen darauf hin, dass sie als schwach in die Geschichte eingehen wird. Zu viele Hoffnungen wurden enttäuscht, zu viele Projekte nicht angegangen. Für einen ersten Rückblick hat Hollande in dem Interviewband „Un président ne devrait pas dire ça... Les secrets d’un quinquennat“ allerdings schon selbst gesorgt – nach dem Erscheinen musste er erklären, dass er nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren wird. Damit stehe auch seine Sozialistische Partei vor ihrem Ende, schreibt Bruno Gaccio in dem wenig hoffungsvollen Ausblick „Les 100 derniers jours du Parti Socialiste“.

Jan Eric Blumenstiel: Wie sich Wähler beim Entscheiden unterscheiden. Wählerheterogenität bei den Bundestagswahlen 1998 bis 2009

Jan Eric Blumenstiel

Wie sich Wähler beim Entscheiden unterscheiden. Wählerheterogenität bei den Bundestagswahlen 1998 bis 2009

Baden-Baden, Nomos 2016 (Studien zur Wahl- und Einstellungsforschung 32)

In der empirischen Wahlforschung wird mit dem sozialpsychologischen Auswertungsverfahren des Michigan-Modells unterstellt, dass alle Wähler*innen ihre Entscheidung nach derselben Logik treffen, die auf der Abwägung einer begrenzten Anzahl von Kriterien beruht. Jan Eric Blumenstiel prüft diese Annahme der Homogenität und setzt sich methodisch mit der zunehmenden Wählerheterogenität auseinander. Er entwickelt das Michigan-Modell zu einem Stufenmodell der Wahlentscheidung weiter, das Differenzierungen im Wahlverhalten mit den Eigenschaften und Einstellungen der Wähler*innen erklärt.

Bernie Sanders: Unsere Revolution. Wir brauchen eine gerechte Gesellschaft

Bernie Sanders

Unsere Revolution. Wir brauchen eine gerechte Gesellschaft

Aus dem Amerikanischen übersetzt von Frank Born. Berlin, Ullstein Buchverlage 2017

Hätte eine Kandidatur von Bernie Sanders für die Demokraten den Präsidenten Trump verhindert? Begibt man sich auf die lange, aber keineswegs langatmige Reise durch die knapp 460 Textseiten seines Buches, stößt man auf eine ausgewogene Mischung aus Autobiografie, Gegenwartsdiagnostik und politischer Programmatik. Deutlich wird, dass seine politische Agenda auf die Verbesserung der Lage jener Bevölkerungsgruppen abzielte, die sich als Globalisierungs- oder Modernisierungsverlierer beschreiben lassen und die angesichts der Alternative Trump oder Clinton überwiegend für Ersteren stimmten.

Trump und die Krise der liberalen Demokratie. Die politischen Folgen der Ungleichheit

Helping the homeless New York City Ed Yourdon

Die USA stecken in einer tiefen Krise, stellen Christian Lammert und Boris Vormann fest, die ihren Ursprung in den Ungleichheiten hat, die sich infolge der neoliberalen Wirtschaftspolitik drastisch verschärft haben – eine Entwicklung, die auch auf andere westliche Demokratien wie Deutschland, Frankreich oder Großbritannien zutrifft. Den durch Deregulierung, Privatisierung und niedrige Steuern entfesselten Märkten habe Trump den Kampf angesagt – ebenso wie die Rechtspopulisten in Europa. Jetzt aber stehe seine Politik diesen Wahlkampfversprechen diametral gegenüber, wie jüngst die Steuerreform gezeigt habe. Die Legitimation der institutionellen Demokratie in den USA, so angeschlagen sie jetzt schon scheinen mag, könnte vollends schwinden.

Bernhard Weßels / Harald Schoen (Hrsg.): Wahlen und Wähler. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2017

Bernhard Weßels / Harald Schoen (Hrsg.)

Wahlen und Wähler. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2017

Wiesbaden, Springer VS 2021

Mit dem jüngsten Band von „Wahlen und Wähler. Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2017“ setzen Bernhard Weßels und Harald Schoen eine traditionsreiche Reihe fort. Neben Spezifika der Wahl von 2017 wie dem zeitweiligen Hoch der SPD und ihrem jähen Fall werden übergreifende Themen wie die Wahlrechtsreform und der Zusammenhang von „Koalitionspräferenzen und Wahlentscheidung“ thematisiert. Rezensent Eckhard Jesse hebt hervor, dass Granden des Fachs und Nachwuchswissenschaftler*innen gleichermaßen zu Wort kommen, hätte sich aber flankierend zum dominanten quantitativen Ansatz weitere Zugriffe auf das Thema „Wahl“ gewünscht. 

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