Demokratie

Alexander Gallus (Hrsg.): Politikwissenschaftliche Passagen. Deutsche Streifzüge zur Erkundung eines Faches

Alexander Gallus (Hrsg.)

Politikwissenschaftliche Passagen. Deutsche Streifzüge zur Erkundung eines Faches

Baden-Baden, Nomos 2016

Angesichts der fortgeschrittenen Ausdifferenzierung der Arbeitsfelder der Politikwissenschaft geht es in diesem Band um die Selbstvergewisserung des Faches. In Abgrenzung zum diagnostizierten Szientismus wird der Versuch einer Rückführung der Politikwissenschaft als Demokratiewissenschaft unternommen. In fünf Passagen, die die Themenfelder des Faches abbilden, befassen sich 14 Autorinnen und Autoren unter anderem mit dem Verhältnis von Theorie und Praxis, von kleinteiliger Forschung und holistischer Deutung, von empirischer Arbeit und normativen Werturteilsfragen.

Kaspar Villiger: Die Durcheinanderwelt. Irrwege und Lösungsansätze

Kaspar Villiger

Die Durcheinanderwelt. Irrwege und Lösungsansätze

Zürich, NZZ Libro 2017

Kaspar Villiger, ehemaliger Schweizer Bundesrat und zuletzt Präsident des Verwaltungsrats der Schweizer Großbank UBS, hält eine Revitalisierung des Liberalismus für notwendig. Denn derzeit seien vier einander überlagernde Krisen zu beobachten: die der Marktwirtschaft, der Demokratie, der Europäischen Union und durch die Flüchtlingsbewegungen. Zu ihrer Überwindung entwickelt Villiger ein Zehn-Punkte-Revitalisierungs-Programm. Für notwendig hält er mehr Subsidiarität, weniger Personenfreizügigkeit, mehr Wettbewerb, mehr direkte Demokratie und mehr Strukturreformen – seine monokausale Argumentation überzeugt allerdings nicht.

Timothy Snyder: Über Tyrannei. Zwanzig Lektionen für den Widerstand

Timothy Snyder

Über Tyrannei. Zwanzig Lektionen für den Widerstand

Aus dem Amerikanischen von Andreas Wirthensohn. München, C.H.Beck 2017

Dass sich der renommierte Osteuropa-Forscher Timothy Snyder genötigt sieht, dieses Buch zu schreiben, ist ein sehr schlechtes Zeichen: Es ist nicht auszuschließen, dass die USA 2017 die vorerst letzten freien Wahlen erlebt haben. Ist diese Befürchtung Snyders zu dramatisch? 1932 in Deutschland, 1946 in der Tschechoslowakei und 1990 in Russland hätten die Bürger in der Mehrheit ebenfalls nicht geglaubt, so sein Hinweis, dass sie für lange Zeit keine Möglichkeit mehr haben würden, frei zu wählen. Kurz und knapp erläutert er, woran zu erkennen ist, ob die USA Gefahr laufen, eine ähnliche Erfahrung zu machen, und was dagegen unternommen werden kann.

Thorsten Faas / Dietmar Molthagen / Tobias Mörschel (Hrsg.): Demokratie und Demoskopie. Machen Zahlen Politik?

Thorsten Faas / Dietmar Molthagen / Tobias Mörschel (Hrsg.)

Demokratie und Demoskopie. Machen Zahlen Politik?

Wiesbaden, Springer VS 2017

Über die Demoskopie wird seit jeher kontrovers diskutiert. Das kann angesichts der häufigen „Sonntagsfragen“ und der Berichterstattung über jede noch so kleine Veränderung bei den Werten kaum verwundern. Die Belastbarkeit der Daten sei erheblich überstrapaziert, es bestehe eine Tendenz zur „Stimmungsdemokratie“ und die Konzentration auf Umfragedaten gehe zulasten der Inhalte, schreiben die Herausgeber dieses Tagungsbandes, der unter anderem den Herausforderungen der Datenerhebung, dem Zusammenhang von Berichterstattung und Umfrageergebnissen und den Auswirkungen von Umfragen auf das Wahlverhalten gewidmet ist.

Wendy Brown: Die schleichende Revolution – Wie der Neoliberalismus die Demokratie zerstört

Wendy Brown

Die schleichende Revolution – Wie der Neoliberalismus die Demokratie zerstört

Berlin, Suhrkamp Verlag 2018

Mit „Die schleichende Revolution“ hat Wendy Brown die Debatte über die Wurzeln des Rechtspopulismus maßgeblich beeinflusst: Sie argumentiert, dass mit dem Neoliberalismus eine neue Form der Regierungsrationalität Einzug gehalten hat, die die Demokratie existenziell bedroht – die Politik sieht es nicht mehr als ihre Aufgabe an, das Gemeinwohl zu fördern, sondern die kompetitive Kapitalakkumulation zu stärken. In der Konsequenz kann sich das Gemeinwesen nicht mehr selbst regulieren, Staat und Gesellschaft werden so zerrüttet, dass Raum für Ressentiments und radikale Parolen entsteht.

Wolf J. Schünemann: In Vielfalt verneint. Referenden in und über Europa von Maastricht bis Brexit

Wolf J. Schünemann

In Vielfalt verneint. Referenden in und über Europa von Maastricht bis Brexit

Wiesbaden, Springer VS 2017

Der Autor fragt nach der Funktion und Legitimität von Referenden und befasst sich zum einen mit den demokratietheoretischen Hintergründen direktdemokratischer Entscheidungsverfahren. Zum anderen erarbeitet er auf der Grundlage von 53 Abstimmungen über Fragen zur europäischen Integration Spezifika einzelner Referenden und macht sie einer Typologie zugänglich – die Untersuchung ist damit zwischen Theorie und Empirie ausbalanciert. Als ein Paradebeispiel für den Typus des Misstrauensreferendums widmet Schünemann dem Brexit ein eigenes Kapitel und wirft schließlich einen Blick auf die Zukunft Europas.

Peter Graf Kielmansegg: Repräsentation und Partizipation. Überlegungen zur Zukunft der repräsentativen Demokratie

Peter Graf Kielmansegg

Repräsentation und Partizipation.
Überlegungen zur Zukunft der repräsentativen Demokratie

Stuttgart, Franz Steiner Verlag 2016 (Wissenschaftliche Gesellschaft an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main – Sitzungsberichte 53,3)

Sozialwissenschaften sind Krisenwissenschaften, schreibt Peter Graf Kielmansegg. Sie diagnostizieren gesellschaftliche Krisen und entzünden an ihnen ihren sozialwissenschaftlichen Diskurs. Auch in der Debatte um den Gesundheitszustand der repräsentativen Demokratie wird Krisenstimmung verbreitet und sogar ihr Ende vorausgesagt. Wie steht es nun um die repräsentative Demokratie? Und was sagen die Krisensymptome über mögliche Entwicklungen aus? Ist die direkte Demokratie eine Lösung? Graf Kielmansegg argumentiert demokratietheoretisch mit der Komplementarität von Repräsentation und Partizipation.

Harald Welzer: Wir sind die Mehrheit. Für eine Offene Gesellschaft

Harald Welzer

Wir sind die Mehrheit. Für eine Offene Gesellschaft

Frankfurt am Main, Fischer Verlag 2017

Unser Lebensstil scheint massiv bedroht zu sein. Der Wissenschaftler, Publizist und Initiator der Stiftung „FuturZwei“ Harald Welzer antwortet darauf mit seinem Buch, das sich als Manifest für eine moderne Gesellschaft liest, die dem Rechtspopulismus trotzt und sich weiterentwickeln will. Karl Popper steht Pate bei dem Gedanken, dass nur die gelebte Demokratie der überzeugende Gegenentwurf zu totalitären Utopien sein kann. Dennoch kann Welzer mit seinem Appell insofern nicht völlig überzeugen, als er zum einen pauschal Rechtsextreme wie Protestwähler als Andere subsumiert und zum anderen die sozialen und wirtschaftlichen Probleme in der Gesellschaft relativ gering gewichtet.

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