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Friedrich Burschel (Hrsg.)

Stadt – Land – Rechts. Brauner Alltag in der deutschen Provinz

Berlin: Karl Dietz Verlag 2010 (Rosa-Luxemburg-Stiftung: Texte 63); 190 S.; brosch., 14,90 €; ISBN 978-3-320-02201-3
Burschel will mit diesem Band einen Beitrag leisten zur Aufklärung über das zum Teil bedrohliche Ausmaß extrem rechter Strukturen sowie der Verbreitung rassistischer Diskriminierung und Gewalt, die nicht zuletzt eng mit einem mancherorts dramatischen Mangel an demokratischer Kultur verbunden sind. Ein besonderes Interesse gilt den spezifischen Strukturen der ländlichen Provinz, in der regressive Entwicklungen ausgemacht werden, die extrem rechten Akteuren in die Hände spielten und einen starken Anpassungsdruck gegenüber Andersdenkenden erzeugten. Mit Beiträgen aus verschiedenen Bundesländern nicht nur in Ost-, sondern vor allem auch in Westdeutschland gelingt es, einen guten Überblick über ein ernst zu nehmendes Problemfeld zu geben. Wie und warum schafft es die parteiförmige wie subkulturelle extremen Rechte, gerade in strukturschwachen ländlichen Regionen erfolgreich zu sein? Der Band vereint dazu Beiträge von Experten aus Wissenschaft, Medien und demokratischer Gemeinwesenspraxis. Seine Stärke liegt in der gelungenen Mischung unterschiedlicher Textformen wie Reportagen oder Analysen, die sich nicht auf die extreme Rechte beschränken, sondern an Beispielen wie der antifaschistischen Jugendbildung oder der Beratungsarbeit für Opfer extrem rechter Gewalt auch Perspektiven demokratischer Gegenwehr beleuchten. Beiträge wie die von Bringt/Nattkes zu Sachsen verdeutlichen, wie sehr der Mangel an sozialer wie kultureller Infrastruktur und die Abwanderung von gut ausgebildeten, nicht-rechten jungen Menschen gerade die Problemlage im ländlichen Raum bestimmt. Speit und Andreasch zeigen am Beispiel Schleswig-Holsteins und Ostbayerns, wie sehr die mangelhafte Auseinandersetzung der Zivilgesellschaft mit der extremen Rechten zu deren Etablierung beiträgt. Interessant gestaltet sich vor allem der Einblick, den Lang/Steinkopf zur antifaschistischen Jugendbildung in Brandenburg geben, zeigen sie doch, wie die Arbeit entsprechender Initiativen vor Ort häufig an mangelnder Unterstützung durch die Zivilgesellschaft oder schlicht deren Nicht-Existenz scheitert.
Jan Schedler (JS)
Diplom-Sozialwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Fakultät für Sozialwissenschaft, Ruhr-Universität Bochum.
Rubrizierung: 2.37 Empfohlene Zitierweise: Jan Schedler, Rezension zu: Friedrich Burschel (Hrsg.): Stadt – Land – Rechts. Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9645-stadt---land--rechts_37696, veröffentlicht am 23.03.2010. Buch-Nr.: 37696 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken