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Tim Weiner

CIA. Die ganze Geschichte. Aus dem Amerikanischen von Elke Enderwitz, Ulrich Enderwitz, Monika Noll, Rolf Schubert

Frankfurt a. M.: S. Fischer 2008; 864 S.; 2. Aufl.; geb., 22,90 €; ISBN 978-3-10-091070-7
Weiners CIA-Geschichte ist keineswegs eine Abhandlung über den Erfolg eines Nachrichtendienstes. Oberflächlich betrachtet schlittert die CIA seit ihrer Gründung 1947 von einer politischen Katastrophe in die nächste: den Koreakrieg nicht prognostiziert, die Nuklearbewaffnung der UdSSR bis zum Ende ihres Bestehens nicht richtig eingeschätzt, in Vietnam versagt, den Iran verloren, den Zusammenbruch des Warschauer Paktes verschlafen, schließlich den Terrorismus verkannt und im Irak-Krieg beim Lügen erwischt. Allerdings kann auch Weiners Katastrophendarstellung nicht verbergen, dass der amerikanische Geheimdienst nicht an sich selbst krankte und krankt, sondern an den manchmal kruden Interessen der Mächtigen innerhalb, aber vor allem außerhalb des Dienstes. Die verdeckten Operationen passen nach wie vor in die politische Landschaft wie in das Selbstverständnis von Geheimdiensten, und Aufträge zur Liquidierung ausländischer Politiker, die nicht die Gnade des Weißen Hauses erlangten, erteilten demokratische wie republikanische Präsidenten ohne Unterschied. Mittel- und langfristige Planungen waren offensichtlich nicht Sache der CIA und wohl auch nicht der verschiedenen Washingtoner Administrationen, die sich nur schwerlich nach Analysen ausrichteten, sondern nach Glaubensgrundsätzen. Und ein Geheimdienst, der der politischen Führung nur das auf den Tisch legt, was sie zu lesen wünscht, hat seinen Daseinszweck nicht begriffen. Weiners Darstellung ist also zweierlei: die Geschichte einer Institution, die auch 60 Jahre nach ihrer Gründung auf der Suche nach sich selbst zu sein scheint, und die Geschichte einer amerikanischen Außen- und Sicherheitspolitik, die nur zu gern auf die Ergebnisse von Analysen verzichtete, weil diese das sorgsam gehütete Weltbild zu hinterfragen drohten.
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 2.64 | 2.21 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Tim Weiner: CIA. Frankfurt a. M.: 2008, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9590-cia_34248, veröffentlicht am 23.04.2008. Buch-Nr.: 34248 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken