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Herfried Münkler

Die neuen Kriege

Reinbek: Rowohlt 2002; 286 S.; 19,90 €; ISBN 3-498-04487-7
Dieses Buch ist aus mehreren Gründen sehr zu empfehlen: Endlich steht im deutschsprachigen Raum eine eigenständige Abhandlung über die neuen Erscheinungsformen bewaffneter Konflikte zur Verfügung. Dem Autor kommt der große Verdienst zu, die wesentlichen Teile dieser, bisher an Deutschland weitgehend vorbeigegangenen Diskussion in nüchterner und lesenswerter Form aufgearbeitet zu haben. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht die Ablösung der klassischen, zwischenstaatlichen Kriege durch neue Erscheinungsformen bewaffneter Gewalt. Dabei sieht Münkler Parallelen zum Dreißigjährigen Krieg. Dessen Begleitsymptome (Warlords, offene Gewaltmärkte, Söldnerfirmen, archaische Kriegspraktiken etc.) finden sich heute fast durchgehend in den bewaffneten Konflikten an den Peripherien der so genannten Friedens- und Wohlstandszonen. Während viele Erklärungsansätze die Gründe für das Auftreten und die Permanenz dieser Konflikte in ethnischen, kulturellen und/oder religiösen Differenzen suchen, verortet die Studie zentrale Ursachen in der Entstehung von Kriegsökonomien, ohne aber die Bedeutung anderer Konfliktquellen zu vernachlässigen. Wichtig ist dabei, dass die "neuen Kriege" auf vielfältige Weise in die weltwirtschaftlichen Austauschsysteme eingebunden sind. Dies lässt zum einen Zweifel an der Kontrollierbarkeit dieser Konflikte aufkommen, zum anderen wird damit der, vor allem auch in Deutschland, vorherrschende Optimismus hinsichtlich der pazifierenden Wirkung des ökonomischen Handelns relativiert. Die Nachvollziehbarkeit der Argumentation wird dadurch erleichtert, dass der Autor die zentralen Fragestellungen auch aus der Perspektive der Gewaltregionen und Gewaltakteure beleuchtet. Die Analyse ist dabei so präzise wie realistisch und hebt sich wohltuend sowohl von den verschiedensten verklärend optimistischen Zukunftsszenarien, als auch den, gerade als Nachwirkungen des 11. September 2001, zahlreich kursierenden Verschwörungstheorien ab. Letzteres gilt insbesondere für das dem Phänomen des internationalen Terrorismus gewidmete Kapitel. Inhaltsübersicht: 1. Was ist neu an den neuen Kriegen; 2. Kriegsführung, Staatsbildung und der Dreißigjährige Krieg; 3. Die Verstaatlichung des Krieges und ihre Folgen; 4. Die Ökonomie der Gewalt in den neuen Kriegen; 5. Der internationale Terrorismus; 6. Militärische Interventionen und das Dilemma des Westens.
Thomas Henzschel (TH)
Dr., Auswärtiges Amt, Arbeitsstab Iran.
Rubrizierung: 4.41 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Thomas Henzschel, Rezension zu: Herfried Münkler: Die neuen Kriege Reinbek: 2002, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9434-die-neuen-kriege_20460, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 20460 Rezension drucken