Vello Pettai untersucht die beiden estnischen Wahlen von 1990 und 1992 mithilfe von theoretischen Konzepten, die aus der vergleichenden Regierungslehre stammen. Er überprüft damit die bereits entwickelten Ansätze am konkreten estnischen Beispiel und entwickelt so ein genaueres Verständnis vom Gründungs‑ und Transformationsprozess im Land. Der Vergleich zweier Wahlen innerhalb einer demokratischen Transition wirft für Pettai zunächst die Frage auf, welche der beiden als die tatsächliche Gründungswahl bezeichnet werden kann und als was die andere gesehen werden muss. Damit verbunden fragt der Autor nach der konzeptionellen Bedeutung der anderen Wahl und deren Impakt auf die generalisierende Theorie der vergleichenden Regierungslehre. Im Zuge seiner Analyse klassifiziert Pettai die 1990 in Estland abgehaltene Wahl als Transitions‑ und die von 1992 als Gründungswahl. Die Zuordnung nimmt er anhand der sechs Variablen Wahlinstitutionen, Parteienentwicklung, Elitenformation, öffentliche Meinung, Wahlkampagnen und Formation der Regierungskoalition vor. Damit unterstreicht Pettai den prozessualen Charakter der Demokratisierung, die nicht mit einer singulären Wahl als abgeschlossen betrachtet werden kann, sondern vielmehr in mehreren Etappen verläuft, deren wichtige Meilensteine Wahlen sind. Der präzisen Analyse ist ein großer Anhang beigefügt, in dem sowohl eine Dokumentation des Datensets als auch wichtige estnische Gesetzestexte zu finden sind.