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Peter Brandt / Detlef Lehnert

"Mehr Demokratie wagen". Geschichte der Sozialdemokratie 1830-2010

Berlin: vorwärts buch GmbH 2013; 299 S.; hardc., 20,- €; ISBN 978-3-86602-092-4
„Mehr Demokratie zu wagen und vielen die Teilhabe an materiellen und ideellen Fortschritten zu erschließen, kann als Motto linker, progressiver Politik im Unterschied zu rechten, konservativen Tendenzen gelten. In diesem Spannungsfeld hat die deutsche Sozialdemokratie ihren Aufstieg zugleich als Freiheits- und Emanzipationsbewegung des arbeitenden Volkes in Stadt und Land erlebt.“ (9) Vor diesem Anspruch unternehmen zum 150-jährigen Bestehen der SPD der Historiker Peter Brandt, Professor an der Fernuniversität Hagen, und Detlef Lehnert, Professor für Politikwissenschaft an der FU Berlin, als Genossen eine gehörige Gratwanderung: Sie arbeiten die Geschichte der Sozialdemokratie von der Gründung der allgemeinen Arbeiterverbindung bis zur heutigen SPD auf – und dies gelingt ihnen mit kritischem Blick und der notwendigen wissenschaftlichen Distanz, die Sach- und Werturteil exakt unterscheidet. In diesem detailreichen Überblick werden die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungsprozesse verbunden mit der Notwendigkeit, als Partei darauf zu reagieren, beleuchtet. Innerhalb dieses Prozesses ist als durchgehendes Charakteristikum zu allen Zeiten das Ziel der Sozialdemokratie zu verfolgen: im Rahmen des Bestehenden die sozialen Umstände für die kleinen Leute, die normalen Menschen, zu verbessern. Eine darüber hinausgehende Vision, die die Vorstellung einer Gesellschaft der Freien und Gleichen postuliert, ist jenseits des Status quo angesiedelt. Besondere Aufmerksamkeit gebührt dem reflektierten Ausblick im letzten Kapitel „Aus der Geschichte lernen?“ (266), in dem – gerade angesichts der vergangenen Jahre, die durch Mitgliederschwund und Wahlniederlagen geprägt waren – eine verlorene Selbstverständlichkeit beklagt wird: der Anspruch, sich um die Menschen zu kümmern. Die alltäglichen Sorgen der Menschen seien es, die unter anderem durch eine sehr starke Akademisierung der Partei, nicht mehr ausreichend wahrgenommen würden. Anstatt eines kurzfristigen Wahlkampfes sei ein bewusster, langfristiger Hinwendungsprozess nötig, um an Glaubwürdigkeit zu gewinnen. – Sicherlich ist dies allein noch nicht die Lösung sämtlicher Probleme der SPD. Allerdings täten manche Politiker gut daran, sich darauf zu besinnen, dass ihr erträgliches Auskommen immerhin den eigenen Wählerinnen und Wählern zu verdanken ist.
Sandra Schaub (SAS)
Dipl.-Päd., Historikerin und Theologin, Doktorandin, Institut für Theologie und Religionswissenschaft, Leibniz-Universität Hannover
Rubrizierung: 2.3312.31 Empfohlene Zitierweise: Sandra Schaub, Rezension zu: Peter Brandt / Detlef Lehnert: "Mehr Demokratie wagen" Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9252-mehr-demokratie-wagen_43227, veröffentlicht am 31.01.2013. Buch-Nr.: 43227 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken