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Slavoj Žižek

Quer durchs Reale. Gespräche mit Fabien Tarby. Aus dem Französischen von Gwendolin Engels. Hrsg. von Peter Engelmann

Wien: Passagen Verlag 2012; 173 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-7092-0059-9
Fabien Tarbys Gespräche mit Slavoj Žižek ermöglichen einen ganz ungeahnten, nahen Blick auf den so provokanten und kontroversen Denker. Dabei erfüllen sie eine doppelte Funktion, eben nicht nur als eine Klärung und Aufarbeitung wichtiger Stationen in Žižeks Gedankengebäude, sondern auch als ein radikal kapitalismuskritischer Kommentar zum aktuellen Zeitgeschehen. So bietet sich die Möglichkeit zur Versöhnung mit dem ein oder anderen Missverständnis, das Žižek über die vielen Jahre provozierte. Tarby erweist sich nicht nur als ebenbürtiger, sondern vor allem als emphatischer Gesprächspartner. Seine Fragen berühren die oft empfindlichen Punkte in Žižeks Theorie, entkräften die ein oder andere Polemik und zeigen auch auf die Grenzen der Gedanken. In zehn thematischen Blöcken werden so Žižeks große intellektuelle Bezugspunkte – Hegel, Marx, Lacan – besprochen, ebenso seine Haltung zu Zeitgenossen wie Deleuze, Derrida und immer wieder zu Alain Badiou. Žižek erzählt dabei wie beiläufig von Hegel als dem ersten Denker radikaler Kontingenz, von der Parallaxe „als de[m] nichtdialektische[n] Kern der Dialektik“ (48), vom Kommunismus, der sich in der „Wiederholung eines Scheiterns zum nächsten […] konstituiert“ (69), von Marx' Warenfetischismus und den Missverständnissen der Foucault'schen Biopolitik. Man erfährt dabei, dass das Buch Hiob „das erste große Buch der Ideologiekritik [sei]“ (93), dass Jesus als der erste Initiator eines egalitätsaffirmierenden Terrors (im Sinne der Bedrohung einer traditionellen hierarchischen Struktur) gelten könne, dass das Unbewusste des Westens wie der Balkan strukturiert und an der Figur des Werwolfs nichts Interessantes zu finden sei. Es findet sich darin ein Zugang zu Žižeks Theorie, seinem vielschichtigen und analytisch scharfen wie schonungslosen Denken, aber auch zu seiner Person, seiner eigenen politischen Biografie, seiner Entscheidung für die Lacan’sche Psychoanalyse und seinem Selbstverständnis. Darin, in dieser Vielgestalt, liegt die großartige Potenz des Buches: über die Beantwortung vieler Fragen eben noch viele mehr aufzuwerfen.
Alexander Struwe (AST)
B. A., Politikwissenschaftler, Student, Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Rubrizierung: 5.42 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Slavoj Žižek: Quer durchs Reale. Wien: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9199-quer-durchs-reale_43137, veröffentlicht am 17.01.2013. Buch-Nr.: 43137 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken