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Wätzold Plaum

Die Wiki-Revolution. Absturz und Neustart der westlichen Demokratie

Berlin: Rotbuch Verlag 2012; 270 S.; brosch., 14,95 €; ISBN 978-3-86789-152-3
Politische Manifeste sind selten geworden, Wätzold Plaum versucht sich daran. Seine beiden Ausgangspunkte sind dabei Wikileaks und die kooperativen Arbeitsweisen im Internet, wie sie bei Wikipedia und Linux zum Ausdruck kommen. Sie bezieht er auf die Funktionsweise der Demokratie, die im Augenblick nicht ihrem eigenen Anspruch gerecht werde. „Demokratie heißt gerade, dass die politische Wirklichkeit gestaltbar ist.“ (18) Der Gestaltbarkeit von Gesellschaft werden Plaum zufolge in der „Konzernrepublik“ (60) Grenzen gesetzt. Wirtschaftliche Interessen, Lobbyorganisationen und Medien beherrschten die Szenerie. Die Meinung der Bürger zähle nicht. Die Argumentation gipfelt in einer faktischen Ablehnung der entwickelten Zivilgesellschaft, in letzter Konsequenz auch des Pluralismus. Plaum steigert sich in undifferenzierte Positionen wie die, nach der „das Gebaren der Politiker häufig gerade nicht von Sachthemen bestimmt wird“ (89) oder in Aussagen, wonach Politik und Presse derart eng verflochten seien, „dass man das eine nicht ohne das andere revolutionieren kann“ (105). Zur Untermauerung werden politische Entscheidungen mit demoskopischen Stimmungen abgeglichen. Das Wesen der repräsentativen Demokratie hat Plaum dadurch sicherlich nicht hinreichend durchdacht. Nicht nur die Analyse fällt insoweit etwas platt aus, sondern auch sein utopischer Entwurf, den er als „Wiki-Republik“ (147 ff.) bezeichnet, ist im Lichte klassischer Demokratietheorien fraglich. Schließlich ist es keineswegs so, dass die Einwände de Tocquevilles hinsichtlich der Gefahr einer intoleranten Mehrheit widerlegt wären, nur weil es das Internet gibt. Unverdrossen setzt Plaum dennoch auf die Kraft der schieren Masse. Zugleich destilliert er libertäre Vorstellungen von Wirtschaft und Bildung. Obgleich man Analyse und Utopievorstellungen Plaums recht leicht abtun kann, ist die Schrift doch unter einem Gesichtspunkt interessant. Sie offenbart das Unbehagen, das einige Piratenwähler gegenwärtig teilen. Es ist sozusagen der intellektuelle Stammtisch, der sich in Plaums Schrift dokumentiert findet.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 2.2 | 2.3 | 2.33 | 2.35 | 2.22 Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Wätzold Plaum: Die Wiki-Revolution. Berlin: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/9178-die-wiki-revolution_42108, veröffentlicht am 24.05.2012. Buch-Nr.: 42108 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken