Konflikte um den Konfliktrahmen. Die Steuerung der Tarifautonomie
Der Begriff Tarifautonomie kennzeichnet nicht nur die staatsfreie Aushandlung von Arbeitsbedingungen, sondern auch das spezifische Verhältnis zwischen Tarifverbänden und Staat. Der Autor untersucht die Effekte der Tarifautonomie aus staatlicher Perspektive. Dabei nimmt er an, dass sich der Staat für die Folgewirkungen der im Rahmen der Tarifautonomie erzielten Einigungen und damit verbundenen Kosten verantwortlich zeigt. Allerdings gelte dies nur eingeschränkt: „Wiegen die Folgewirkungen tarifverbandlichen Verhaltens für staatliche Akteure dauerhaft schwerer als seine Entlastungen, dann haben staatliche Akteure nicht nur ein Motiv, sondern durchaus auch Möglichkeiten, die Verantwortungsannahme zu verweigern und die von den Verbänden externalisierten Folgekosten in das Tarifsystem zu re-internalisieren“ (8). Mit dem beschriebenen Interessengegensatz bezieht sich der Autor auf die Tendenz der Gewerkschaften, für ihre Mitglieder eine Vollzeitbeschäftigung bei einem möglichst hohen Lohn garantieren zu wollen, während dem Staat zur Vermeidung einer Belastung der sozialen Sicherungssysteme durch Arbeitslosigkeit häufig auch niedrigere Löhne oder mehr Teilzeitjobs für Frauen gelegen kommen. Das Verhältnis zwischen Tarifverbänden und Staat sei also keineswegs immer von Konsens geprägt, so der Autor. Deshalb dürfe der Staat in bestimmten Verhandlungssituationen intervenieren. Darüber aber, wann eine internierungswürdige Situation vorliege, gingen die Einschätzungen tarifverbandlicher und staatlicher Akteure deutlich auseinander und es komme zu Konflikten. Fehmel arbeitet insgesamt den Wandel des bundesdeutschen Tarifsystems äußerst differenziert heraus und führt den Rückgang der Geltungskraft tarifverbindlicher Normsetzung auf die Folgen staatlichen Handelns zurück.