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Jens Borchert (Hrsg.)

Politik als Beruf. Die politische Klasse in westlichen Demokratien

Opladen: Leske + Budrich 1999 (Europa- und Nordamerika-Studien 5); 503 S.; kart., 88,- DM; ISBN 3-8100-2117-2
Die Beiträge wurden auf einem Workshop im Juli 1997 in Göttingen diskutiert und - soweit erforderlich - von Mitarbeitern des Zentrums für Europa- und Nordamerikastudien (ZENS) übersetzt. In einem zweiten Folgeband plant der Herausgeber eine umfassende Auswertung des vorliegenden und ferner verfügbaren Materials. Wie die 19 Länderberichte in diesem Band zeigen, kann die fortschreitende Professionalisierung der Politik je nach Regierungssystem völlig unterschiedliche Auswirkungen auf das politische System und auf die Politiker haben. In dem Band wurden "alle entwickelten Industrieländer berücksichtigt, die seit mindestens zwanzig Jahren ein demokratisches Regierungssystem aufweisen und mindestens eine Million Einwohner haben" (33). Österreich, Schweden und Griechenland konnten nicht aufgenommen werden, weil die Beiträge nicht rechtzeitig oder gar nicht abgeliefert wurden. Segerts Überblicksartikel zu den jungen Demokratien Ost- und Ostmitteleuropas bildet eine ergänzende Ausnahme in dem analytischen Schema der Länderberichte, nach dem die Autoren folgende Kriterien zu beachten hatten: historische Prozesse politischer Professionalisierung, institutionelle Rahmenbedingungen, Größe der politischen Klasse, Rekrutierungsbasis und Karrierepfade sowie Einkommensmöglichkeiten in der und durch die Politik, Einfluß der politischen Klasse und ihres kollektiven Eigeninteresses auf institutionelle Reformen (8). Für Deutschland stellen Borchert und Golsch fest, daß die Professionalisierung der Abgeordneten sehr spät erfolgte. Erst seit 1906 erhielten sie Diäten. Zuvor verhinderte Artikel 32 der Reichsverfassung entsprechende Vorhaben, außerdem hatte der Bundesrat seine Zustimmung verweigert (114 f.). Die Rekrutierung der Politiker erfolgt in Deutschland heute weitgehend über regionale Parteigliederungen, seltener über innerparteiliche Vereinigungen (127). Um in den Bundestag zu kommen, erweisen sich Mandate in Landesparlamenten, Exekutivposten und neuerdings auch die Mitgliedschaft im Europäischen Parlament als vielversprechende Sprungbretter (129 f.). Inhalt: Jens Borchert: Politik als Beruf: Die politische Klasse in westlichen Demokratien (7-39); Ian McAllister: Australien: Parteipolitiker als politische Klasse (40-60); Lieven De Winter / Marleen Brans: Belgien: Berufspolitiker und die Krise des Parteienstaates (61-86); Torben K. Jensen: Dänemark: Berufspolitiker in einer egalitären politischen Kultur (87-113); Jens Borchert / Lutz Golsch: Deutschland: Von der "Honoratiorenzunft" zur politischen Klasse (114-140); Ilkka Ruostetsaari: Finnland: Von politischen Amateuren zur politischen Klasse (141-160); Marcus Kreuzer / Ina Stephan: Frankreich: Zwischen Wahlkreishonoratioren und nationalen Technokraten (161-185); Uwe Jun: Großbritannien: Der unaufhaltsame Aufstieg des Karrierepolitikers (186-212); Michael Gallagher: Irland: Parteiloyalisten mit persönlicher Basis (213-231); Uri Ram: Israel: Gründerväter, Bürokraten und Entrepreneure (232-254); Ettore Recchi / Luca Verzichelli: Italien: Kontinuität und Diskontinuität politischer Professionalisierung (255-282); Claudia Derichs / Harold Kerbo: Japan: Politische Karriere zwischen Ministerialbürokratie und parlamentarischen Erbhöfen (283-301); Davis C. Docherty: Kanada: Politische Karrieren zwischen Regierungsamt und Wahlkreisarbeit (302-323); Elisabeth McLeay: Neuseeland: Parlamentarische Karrieren und Wahlrechtsreform (324-348); Monique Leijenaar / Kees Niemöller: Niederlande: Politische Karrieren zwischen Parteizugriff und neuen Unsicherheiten (349-371); Hanne Marthe Narud: Norwegen: Professionalisierung zwischen Partei- und Wahlkreisorientierung (372-395); José M. Magone: Portugal: Das patrimoniale Erbe und die Entstehung einer demokratischen politischen Klasse (396-414); Reto Wiesli: Schweiz: Miliz-Mythos und unvollkommene Professionalisierung (415-438); María Luz Morán: Spanien: Übergang zur Demokratie und politische Professionalisierung (439-455); Jens Borchert / Gary Copeland: USA: Eine politische Klasse von Entrepreneuren (456-481); Dieter Segert: Mittel- und Osteuropa: Eine neue politische Klasse? (482-503).
Stefan Lembke (SL)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.24 | 2.331 | 2.61 | 2.64 | 2.63 | 2.66 | 2.62 | 2.5 | 2.68 | 2.321 Empfohlene Zitierweise: Stefan Lembke, Rezension zu: Jens Borchert (Hrsg.): Politik als Beruf. Opladen: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/6921-politik-als-beruf_9272, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 9272 Rezension drucken