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Guido Knopp

Unser Jahrhundert. Deutsche Schicksalstage. Dokumentation: Christine Kisler, Heike Rossel, Silke Schläfer

München: C. Bertelsmann 1998; 528 S.; 49,90 DM; ISBN 3-570-12306-5
Konzept des Bandes ist es, die politische Geschichte der Deutschen im 20. Jahrhundert anhand von zwanzig exemplarisch ausgewählten Ereignissen zwischen dem 1. August 1914 und dem 9. November 1989 darzustellen. Die Auswahl dieser historischen "Stichtage" konzentriert sich für den Zeitraum bis 1945 auf Geschehnisse aus dem Kontext der beiden von deutschem Boden ausgegangenen Weltkriege. Einzige Ausnahme ist hier das Kapitel "30. Januar 1933: Die Machterschleichung", d. h. die Ernennung Adolf Hitlers zum deutschen Reichskanzler. Die für die zweite Hälfte des Bandes ausgewählten Daten repräsentieren ein breiteres Spektrum als das der politischen Ereignisgeschichte. "Das D-Mark-Wunder", "Das Fußballwunder", "Das Wirtschaftswunder" behandeln die Bedeutung wirtschaftlicher und sportlicher Ereignisse für die deutsche Gesellschaft. Hier, wie auch im Kapitel "23. Mai 1949: Die Staatsgeburt", wird aber die Neigung der Autoren (alle Beiträge sind vom Verfasser in Zusammenarbeit mit wechselnden Co-Autoren geschrieben) deutlich, die gesellschaftsgeschichtliche Perspektive auf Entwicklungen in Westdeutschland bzw. der BRD einzustellen. Das dreimal im Titel bemühte "Wunder" veranschaulicht darüber hinaus, daß die populärwissenschaftliche Darstellung eine stellenweise problematische Nähe zum zeitgenössischen Sprachgebrauch der Nachrichtenmedien sucht. Die Geschichte Ostdeutschlands bzw. der DDR wird demgegenüber anhand der drei bekanntesten Staatskrisen (17. Juni, Mauerbau, Grenzöffnung und Mauerfall) abgehandelt. Insgesamt bieten die großzügig illustrierten Beiträge wissenschaftlich keine neuen Erkenntnisse und dokumentarisch kein bislang unveröffentlichtes Quellen- und Bildmaterial. Die Grenzen des auf "Stichtage" als Kulminationspunkte historischer Prozesse festgelegten Zugriffs zeigen sich bei der Darstellung der Judenvernichtung im NS-Staat im Beitrag "Tag X 1944: Der Tatort", wo - zurecht - kein bestimmter Zeitpunkt im Sinne der fragmentarischen Chronik herausgehoben werden konnte.
Michael Hein (HN)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Arbeitsstelle für graphische Literatur, Universität Hamburg, freier Lektor, Übersetzer, Publizist.
Rubrizierung: 2.31 | 2.3 Empfohlene Zitierweise: Michael Hein, Rezension zu: Guido Knopp: Unser Jahrhundert. München: 1998, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/6737-unser-jahrhundert_9076, veröffentlicht am 25.06.2007. Buch-Nr.: 9076 Rezension drucken