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Michael Graf

Die Afrikanische Menschenrechtscharta und ihre Bedeutung für einschlägiges innerstaatliches Recht am Beispiel Tanzanias

Hamburg: Institut für Afrika-Kunde 1997 (Arbeiten aus dem Institut für Afrika-Kunde 96); 226 S.; 25,- DM; ISBN 3-928049-43-7
Graf behandelt einen in europäischen Untersuchungen eher vernachlässigten Aspekt des internationalen Menschenrechtsschutzes. Besonders hervorzuheben ist dabei, daß er in der Regel versucht, afrikanische Autoren zu Wort kommen zu lassen. Die Analyse der Afrikanischen Menschenrechtscharta bewegt sich dabei im Spannungsfeld von Universalismus und Relativismus sowie zwischen Individualrechten und Kollektivrechten. Der Autor bleibt jedoch nicht bei der Wiedergabe der Bestimmungen der Charta sowie der Verfahrensweisen und Instrumente des Menschenrechtsschutzes stehen, sondern geht im speziellen der Frage nach der praktischen Implementierung nach. Tanzania wird bewußt als Fallbeispiel eines politischen Systems "mit mäßig repressive[m] Charakter" (3) gewählt. Er verweist auf zahlreiche Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen, in denen sich der Einfluß der Menschenrechtscharta nachweisen läßt. Gleichzeitig benennt er aber auch deutlich Defizite des Menschenrechtsschutzes. Graf übernimmt die afrikanische Perspektive und betont die Relativität konkreter Ausformulierungen von Menschenrechten vor unterschiedlichem kulturellen bzw. traditionellen Kontext. Dabei spricht er mögliche Widersprüche und Instrumentalisierungen von Kollektivrechten zu Lasten von Individualrechten an, geht jedoch der Frage persönlicher Würde auch außerhalb kollektiver Organisation und Einbindung nicht systematisch nach. Dem Spezialwissen in bezug auf die afrikanischen Verhältnisse stehen einige Ungenauigkeiten und Verkürzungen zum allgemeinen Hintergrund der Menschenrechte entgegen: So wird behauptet, die Menschenrechte der "Neuzeit" gingen auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 zurück (deren Verabschiedung durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen zudem fälschlicherweise mit dem 20. Dezember datiert wird). Ähnlich heißt es in einer Fußnote rückblickend auf den Ost-West-Konflikt: "Der Westen versuchte die Menschenrechte für seine imperialistischen Interessen zu mißbrauchen, der Osten verwendete diese westlichen Interessen für die Verweigerung fundamentaler Rechte." (13) Als Literaturhinweise werden ein Buch aus der DDR und ein sowjetischer Aufsatz aus den 80er Jahren zitiert. Zum Schluß seiner Arbeit relativiert Graf selbst die Bedeutung seines Untersuchungsgegenstandes mit mißverständlichen Formulierungen: "Die Charta und das von ihr ins Leben gerufene Schutzsystem bleiben ein bürgerliches, auf die Verbesserung der Lebenssituation der Menschen in der kapitalistischen Gesellschaft reduziertes Unterfangen. Fundamentale Veränderungen der vielfach inhumanen und erniedrigenden Lebensverhältnisse der Mehrheit der afrikanischen Bevölkerung können nur durch den gemeinsamen Kampf der Vielen gegen die Wenigen herbeigeführt werden." (187)
Manuel Fröhlich (MF)
Prof. Dr., Juniorprofessur für Politikwissenschaft, Universität Jena (www.manuel-froehlich.de).
Rubrizierung: 4.42 | 2.67 | 4.1 Empfohlene Zitierweise: Manuel Fröhlich, Rezension zu: Michael Graf: Die Afrikanische Menschenrechtscharta und ihre Bedeutung für einschlägiges innerstaatliches Recht am Beispiel Tanzanias Hamburg: 1997, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/5970-die-afrikanische-menschenrechtscharta-und-ihre-bedeutung-fuer-einschlaegiges-innerstaatliches-recht-am-beispiel-tanzanias_8140, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 8140 Rezension drucken