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Oskar Negt / Adam Ostolski / Tom Kehrbaum / Christine Zeuner

Stimmen für Europa. Ein Buch in sieben Sprachen

Göttingen: Steidl 2015; 487 S.; 15,- €; ISBN 978-3-86930-759-6
Im Rahmen des EU‑Projekts „Quali2Move“ haben sich Gewerkschaften und ihre Bildungseinrichtungen aus acht Ländern mit der europäischen Dimension gewerkschaftlicher Bildung beschäftigt. Das Ziel dieses Projektes ist, die „Möglichkeiten zur Bildung eines europäischen sozialen Bewusstseins der Arbeitnehmer_innen […] zu entwickeln“, um eine „auf die Arbeits‑ und Lebensrealität bezogene europäische Identität“ (77) von Arbeitnehmer_innen herzvorzubringen. Dies fußt auf der Einsicht, dass gemeinsame ökonomische, soziale, berufliche und persönlich‑kulturelle Interessen existieren. Eine bestimmende Norm gewerkschaftlicher Bildungsarbeit sieht Oskar Negt in der „Herstellung von Würde“ (22) und den Bedingungen für ein würdiges Leben. Da sich Europa derzeit in einer Umbruchsituation befindet, hält er die Chancen, einen solchen Prozess in Gang zu setzen und dabei die Krise der EU zu überwinden, für gegeben. Diese Krise basiere unter anderem auf der Polarisierung der Gesellschaft zwischen Arm und Reich sowie im Bildungswesen. Während finanzielle Mittel für staatliche Bildungssysteme in nicht ausreichendem Maße zur Verfügung stünden, richte sich der Blick zunehmend auf Elite‑ und Exzellenz‑Universitäten. Diese Entwicklung habe zu einer Dreiteilung der europäischen Gesellschaft geführt: Ein Drittel der Menschen sei nicht von der Krise betroffen und partizipativ an den demokratischen Prozessen beteiligt. Beim zweiten Drittel handele es sich um „die wachsende Zahl der fragmentierten Lebensverhältnisse, unter dem Gesichtspunkt Prekarität“. Zur dritten Kategorie zähle „die wachsende Armee der dauerhaft Überflüssigen“ (18), die durch den Einsatz von Robotertechnologien keine Arbeit mehr finde. Es sei Zeit für eine solidarische Ökonomie in Europa und für einen Marshallplan, denn bislang habe man zu sehr auf die Stützung maroder Banken gesetzt und die Menschen dabei vernachlässigt. Den Gewerkschaften misst Negt in diesem Kontext eine zentrale Rolle zu. Ähnlich sieht dies Adam Ostolski. Den Gewerkschaften biete sich nicht nur die Chance, sondern es komme ihnen auch die Verpflichtung zu, „die utopische Dimension“ (33) in die Politik und auch gewisse Werte, die im Leben eines Menschen wichtig seien, zurückzuholen. So entwickelt der Autor die Idee „einer sozialen Bürgerschaft“ (27) auf europäischer Ebene. Ähnlich äußert sich Tom Kehrbaum: Um ein „solidarisches Gemeinsames“ (44) in Europa zu entwickeln, hält er transnationale politische Bildung für wichtig. Damit die Beiträge dieses Bandes von möglichst vielen Menschen verstanden werden und so „gemeinsame Wege zu einem vielfältigen wie sozialen Europa“ (10) gefunden werden können, sind sie in sieben Sprachen abgedruckt.
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Rubrizierung: 3.13.23.4 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Oskar Negt / Adam Ostolski / Tom Kehrbaum / Christine Zeuner: Stimmen für Europa. Göttingen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40118-stimmen-fuer-europa_46868, veröffentlicht am 13.10.2016. Buch-Nr.: 46868 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken