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Jan-Henrik Witthaus / Patrick Eser (Hrsg.)

Machthaber der Moderne. Zur Repräsentation politischer Herrschaft und Körperlichkeit

Bielefeld: transcript Verlag 2016 (Edition Kulturwissenschaft 68); 342 S.; 34,99 €; ISBN 978-3-8376-3037-4
Dass politische Symbolik – also die ganze Welt der Bilder, Mythen und Inszenierungen – eine wichtige Dimension in Fragen des Erwerbs und der Stabilisierung von Macht darstellt, ist der Politikwissenschaft durchaus geläufig. Gleichwohl können Perspektiven der Kulturwissenschaft, die sich im Rahmen ihrer Methoden mit diesen Phänomen befassen, sehr wohl inspirierend für die Disziplin wirken. Das gilt auch für die überwiegend von Kulturwissenschaftlern und Historikern verfassten Beiträge dieses Sammelbandes, die Praktiken der politischen Repräsentation von der Vormoderne bis in die Moderne untersuchen. Dabei wird Repräsentation nicht demokratietheoretisch verstanden, sondern als Wissen „um die Inszenierung des Machthabers, um den Aufbau seiner Fama und die Montage seines Charismas, seiner Aura, seiner Herrlichkeit“ (10). Zugleich betonen die Herausgeber die übergreifende Relevanz der Analyse der „Grammatik politischer Gestik“ (11); sie habe sowohl Geltung für absolutistische Regime als auch für Diktaturen der Gegenwart und aktuelle postdemokratische Tendenzen in etablierten Demokratien. Dieser zeitdiagnostische Anspruch wird allerdings eher programmatisch erhoben. Allein Philip Manow unternimmt den anregenden Versuch, am Beispiel Berlusconis Charakteristika einer medienvermittelten Personalisierung von Politik aufzuzeigen. Den Schwerpunkt des Bandes bilden dagegen einerseits Analysen exemplarischer monarchischer Repräsentationsformen – am Beispiel Spaniens für Karl IV. und Isabella II. – und als Kontrast die bildlichen Demonstrationen von Macht während der französischen Revolutionszeit. Andererseits sind fünf Aufsätze den Selbstinszenierungen von Diktatoren und Autokraten des 20. Jahrhunderts gewidmet; dazu gehören Franco, Trujillo, Evita Peron und Duvalier, an dem Patrick Eser sehr differenziert die Verschränkung von antikolonialistischer Befreiungsrhetorik und terroristischer Unterdrückung zeigt. Eingeleitet wird der Band von zwei Aufsätzen über Kantorowicz und Warburg, deren Werke in den Kulturwissenschaften zentrale Referenzen für die Analyse bildgestützter Machttechnologien darstellen, sowie einer Auseinandersetzung mit den ambivalenten Semantiken des Volksbegriffs. Die Beiträge sind aus einer im Wintersemester 2013/14 an der Universität Kassel durchgeführten Ringvorlesung hervorgegangen.
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Rubrizierung: 2.12.222.242.652.61 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Jan-Henrik Witthaus / Patrick Eser (Hrsg.): Machthaber der Moderne. Bielefeld: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40009-machthaber-der-moderne_48231, veröffentlicht am 18.08.2016. Buch-Nr.: 48231 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken