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Brigitte Liebig / Karin Gottschall / Birgit Sauer (Hrsg.)

Gender Equality in Context. Policies and Practices in Switzerland

Opladen u. a.: Barbara Budrich Publishers 2016; 264 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-8474-0727-0
In Sachen Gleichstellung der Geschlechter gibt es weltweit noch viel zu tun. In vielen westlichen Ländern ist laut den Herausgeberinnen die formale Gleichstellung zwar vorgeschrieben, dies garantiere aber nicht immer deren tatsächliche Umsetzung in Bereichen wie Wirtschaft und Politik. Gerade die Schweiz nehme hier keine Vorreiterrolle ein, kritisieren Brigitte Liebig, Karin Gottschall und Birgit Sauer – nicht nur, aber auch weil das Frauenwahlrecht erst 1971 eingeführt worden sei. Am Fallbeispiel Schweiz reflektieren die Autor_innen des Sammelbandes, warum Geschlechterungleichheiten sich teils so hartnäckig halten und wie die Gleichstellungspolitik wirksamer gestaltet werden könnte. Das Buch stellt die Abschlusspublikation des „National Research Program ‚Gender Equality‘“ (13) dar, das 2007 vom Schweizerischen Nationalfonds initiiert wurde. Daniela Gloor und Hanna Meier beschäftigen sich in ihrem Beitrag mit der Gewalt gegen Frauen, die diese in Ehe‑ und Beziehungsverhältnissen erfahren. Sie fragen, ob die politischen und gesetzlichen Gegenmaßnahmen in der Schweiz aus Sicht der Betroffenen angemessen sind. Anhand von vierzig narrativen Interviews in der Deutschschweiz haben sie herausgefunden, dass trotz vieler Fortschritte der Opferschutz und die Gewaltverhinderung, etwa auch durch Hilfsangebote für gewalttätige Männer, nur ungenügend funktionieren. Kathrin Bertschy befasst sich mit Lohndiskriminierung, von denen Berufsanfängerinnen ihrer Erkenntnis nach trotz gleicher oder besserer Qualifikation im Vergleich zu männlichen Kollegen betroffen seien. Statistiken zeigten, dass dies unter anderem zum Teil durch die schlechtere Bezahlung von als typisch weiblich bezeichneten Berufen zu erklären sei. Die Autorin verweist aber darauf, dass so das Phänomen nicht komplett erklärt werden könne, und diskutiert eine Diskriminierung durch männlich dominierte informelle Netzwerke, die der gegenseitigen Vorteilsbeschaffung und Karriereförderung dienten. Am Buch fällt auf, dass das Forschungsprojekt in seiner Konzeption offenbar überwiegend von einer heteronormativen Perspektive und einem binären Geschlechterverständnis geprägt war. Dass die Situation weiterer „marginalized gender and sexual modes of existence“ (241) keine Beachtung fand, merkt auch Andrea Maihofer im Schlusskapitel kritisch an. Sie geht in ihrem Text des Weiteren auf die Skepsis und die teils heftige Ablehnung ein, die das Forschungsprojekt in der (konservativen) medialen Berichterstattung erfahren hat.
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Rubrizierung: 2.272.52.362.42.2622.263 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Brigitte Liebig / Karin Gottschall / Birgit Sauer (Hrsg.): Gender Equality in Context. Opladen u. a.: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39975-gender-equality-in-context_48054, veröffentlicht am 04.08.2016. Buch-Nr.: 48054 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken