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Anselm Doering-Manteuffel / Lutz Raphael / Thomas Schlemmer (Hrsg.)

Vorgeschichte der Gegenwart. Dimensionen des Strukturbruchs nach dem Boom

Göttingen u. a.: Vandenhoeck & Ruprecht 2016 (Nach dem Boom); 502 S.; 80,- €; ISBN 978-3-525-30078-7
In seinem 1985 veröffentlichten Buch „Die Neue Unübersichtlichkeit“ beschrieb Jürgen Habermas die damaligen gesellschaftlichen Veränderungen, wie etwa die Entwicklung von einer Arbeits‑ und Industrie‑ hin zu einer Kommunikationsgesellschaft oder die Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen. Ferner diagnostizierte er eine Krise des Kapitalismus, zunehmende soziale Ungleichheit sowie die Tendenz zur Auflösung gesellschaftlicher Ordnungsmuster hin zur Individualisierung von Lebenswelten und nicht zuletzt den Verlust sozialer Utopien. In ihrem zeithistorischen Forschungsprogramm „Nach dem Boom“ (siehe Buch‑Nr. 35334) formulierten die Herausgeber Anselm Doering‑Manteuffel und Lutz Raphael diese Diagnosen im Jahr 2008 wiederum als problemgeschichtliche Annäherung an die Gegenwart. Im Juni 2013 luden sie in München dazu ein, jenes weiter ausdifferenzierte Programm im Sinne einer Perspektivenschau weiterzuentwickeln. Ihre Beiträge gruppieren sich in diesem Sammelband unter die genannten Themenfelder: Es geht um den Formwandel von Arbeit, die veränderte Wirtschafts‑ und Gesellschaftspolitik, die Entwicklung der Konsum‑ und Konsumentenkultur sowie die theoretische Annäherung an Zeitdiagnosen und Zeithorizonte selbst. Das Hauptaugenmerk richten die Autor_innen auf Brüche, Zäsuren und Zeichen des Wandels in den zurückliegenden fünf Jahrzehnten der Bundesrepublik. So vermischen sich Stichworte der Informatisierung mit Flexibilisierung und Destabilisierung oder Individualisierung und Subjektivierung. Der Wert des Konvoluts liegt im analytischen Blick und in der Formulierung von Forschungsfragen: zur Einheit der Zeitgeschichte und zu Perioden ihrer Diskurse angesichts der Vielfalt ihrer Handlungsfelder oder zum Profit einer Verbindung von Zeitgeschichte und Sozialwissenschaften wie zur Ideengeschichte, um Theorie‑ und Modellbildungen wie historische Erzählweisen zu verbessern. Deren Potenziale werden auch in der aktuellen Diskussion über den globalen Kapitalismus und seine Entwicklung deutlich – nicht zuletzt gilt es, die Annäherung der Zeitgeschichtsschreibung an die Gegenwart weiter zu debattieren.
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Rubrizierung: 2.222.2622.2632.272.242.612.672.32.331 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Anselm Doering-Manteuffel / Lutz Raphael / Thomas Schlemmer (Hrsg.): Vorgeschichte der Gegenwart. Göttingen u. a.: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39823-vorgeschichte-der-gegenwart_47968, veröffentlicht am 14.07.2016. Buch-Nr.: 47968 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken