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Francesco Di Palma / Wolfgang Mueller (Hrsg.)

Kommunismus und Europa. Europapolitik und -vorstellungen europäischer kommunistischer Parteien im Kalten Krieg

Paderborn: Ferdinand Schöningh 2016; 276 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-506-77710-2
Nach der Oktoberrevolution 1917 in Russland war der Idee einer kommunistischen Weltrevolution wenig Erfolg beschieden. Vor allem im Kontext der Blockkonfrontation in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfuhr zwar eine Reihe weiterer Staaten gewaltsame Umstürze. Doch die kommunistischen Parteien dort mussten sich – genau wie ihre Pendants in anders regierten Ländern – ideologisch und praktisch mit den weiterhin existierenden alternativen Ordnungsmodellen auseinandersetzen. Dazu gehörten die vielfachen Bezugnahmen auf den Europabegriff, wie sie besonders im Kontext des Integrationsprozesses nach 1945 in der westlichen Hälfte des Kontinents zunahmen. Den Europavorstellungen und der Europapolitik kommunistischer Parteien in Ost wie in West, hier als transnationale Akteure aufgefasst, ist dieser Band gewidmet, mit Schwerpunkt auf der praktischen Ausgestaltung der wechselseitigen Beziehungen. Gefragt wird dabei unter anderem nach einem eventuellen „gesamteuropäische[n] Projekt“ (17) dieser Parteien und dem Einfluss der KPdSU. Die Herausgeber beziehen sich auf das Konzept einer kulturhistorisch arbeitenden Politikgeschichte (siehe unter anderem Buch‑Nr. 23332 und 27124), die entsprechende Herangehensweise und die Einordnung in die Forschungslandschaft werden in zwei knappen einführenden Beiträgen erläutert. In der Summe der vierzehn inhaltlichen Aufsätze, die je zur Hälfte dem ost‑ und dem westeuropäischen Geschehensraum gewidmet sind, werden einige Grundtendenzen sichtbar. Demnach wandten sich länderübergreifende Initiativen zumeist gegen die westlichen Integrationsbestrebungen, bedienten sich also einer Europakonzeption ex negativo. Dabei gab es in den staatssozialistischen Systemen durchaus unterschiedliche Ansätze – während die kommunistischen Parteien in der Sowjetunion, der DDR und der Tschechoslowakei kaum Annäherung an die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft suchten, verfolgten etwa Polen, Ungarn, Rumänien oder Jugoslawien zumindest teilweise andere Interessen. Sowohl aus wirtschaftspolitischen Gründen als auch zur Behauptung der eigenen Unabhängigkeit gegenüber Moskau wurden hier zahlreiche bilaterale Vereinbarungen geschlossen. Für die westlichen Staaten werden vor allem die Diskussionen um Konzept und Wirklichkeit des sogenannten Eurokommunismus thematisiert.
{MUN}
Rubrizierung: 2.222.612.622.43.7 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Francesco Di Palma / Wolfgang Mueller (Hrsg.): Kommunismus und Europa. Paderborn: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39737-kommunismus-und-europa_46019, veröffentlicht am 09.06.2016. Buch-Nr.: 46019 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken