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Hajo Romahn / Dieter Rehfeld (Hrsg.)

Lebenslagen – Beiträge zur Gesellschaftspolitik. Jubiläumsschrift zum 50jährigen Bestehen des Instituts für beratende Sozial- und Wirtschaftswissenschaften – Gerhard Weisser-Institut

Marburg: Metropolis-Verlag 2015; 557 S.; hardc., 38,- €; ISBN 978-3-7316-1162-2
Die Herausgeber wollen einen Beitrag zu einer „neuen Gesellschaftspolitik“ (548) leisten, die „nach selbstbestimmten, politisch, sozial und wirtschaftlich handelnden Menschen fragt, die ihre Gesellschaft gestalten“ (549). So schreibt es Dieter Rehfeld in seinem abschließenden Fazit. In diesem Sinne ist der analytische Fokus der Beiträge vor allem auf die Situation sozial schwacher oder gefährdeter Personen gerichtet, während die Autor_innen gleichzeitig den Anspruch erheben, konkrete Vorschläge zur Veränderung dieser Situation anzubieten. Ein zentrales Konzept ist dabei der Lebenslagen‑Ansatz Gerhard Weissers. Lebenslage wird definiert als „Spielraum, den die äußeren Umstände dem Menschen für die Erfüllung der Grundanliegen bieten“ (91), wie Ortrud Leßmann in ihrer theoretischen Auseinandersetzung mit dem Konzept ausführt. In insgesamt sieben Abschnitten, die jeweils durch ein die einzelnen Beiträge und das Thema vorstellendes Kapitel eingeleitet werden, kommen die unterschiedlichen Dimensionen der Lebenslage und damit unterschiedliche politische Felder in den Blick. Während etwa die Bedingungen der Arbeitswelt im Kontext neoliberaler Deregulierungs‑ und Prekarisierungstendenzen untersucht werden, wird der Wandel im Bildungs‑ und Gesundheitsbereich dahingehend befragt, wie er die Teilhabe‑ und Gestaltungsmöglichkeiten der Menschen beeinflusst. Gemein ist den Beiträgen, dass sie sich gegen ein positivistisches Wissenschaftsverständnis wenden, das die eigenen Annahmen verschleiert und seine potenziellen Implikationen negiert. Gefordert wird stattdessen eine normative Sozialwissenschaft, die „ihre Ausgangs‑ und Bezugspunkte explizit macht“ (551). Dahingehend stellt etwa Werner Schönig in seinem Beitrag makro‑ und mikroökonomische Armutstheorien gegenüber, um zu zeigen, dass die darin formulierten Kausalitätsvermutungen zugleich spezifische politische Handlungsoptionen enthalten. Der anlässlich des 50‑jährigen Bestehens des Gerhard Weisser‑Instituts herausgegebene Band kann als eine umfassende und engagierte Analyse sozialer Ungleichheit (in Deutschland) gelesen werden.
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Rubrizierung: 1.32.3422.3432.3315.2 Empfohlene Zitierweise: Sven-Jacob Sieg, Rezension zu: Hajo Romahn / Dieter Rehfeld (Hrsg.): Lebenslagen – Beiträge zur Gesellschaftspolitik. Marburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39726-lebenslagen--beitraege-zur-gesellschaftspolitik_48113, veröffentlicht am 02.06.2016. Buch-Nr.: 48113 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken