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John Stuart Mill

Über Sozialismus. In der Übersetzung von Sigmund Freud. Hrsg. und mit einem Essay "John Stuart Mill und der Sozialismus" von Hubertus Buchstein und Sandra Seubert

Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 2016 (eva Taschenbuch); 180 S.; 14,80 €; ISBN 978-3-86393-071-4
1867 erkämpfte die englische Arbeiterschaft eine Reformakte, die das Männerwahlrecht auf zwei (von insgesamt fünf) Millionen Menschen ausdehnte. Damit gewann erstmals eine Klasse an Macht, von der „die höheren Stände zu sagen pflegen, dass ihnen am Wohlergehen des Landes nichts gelegen sei“ (9). John Stuart Mill nahm diese politische Entwicklung zum Anlass, sich näher mit dem Sozialismus beziehungsweise mit dessen Entwurf einer neuen Gesellschaftsordnung auseinanderzusetzen. Dabei ging er wohlwollend davon aus, dass von den Führern der Arbeiterschaft nicht zu erwarten steht, „dass sie vorsätzlich mit der Anarchie beginnen, ohne sich eine Meinung darüber gebildet zu haben, welche neue Form der Gesellschaft an die Stelle der alten treten solle“ (17). Mill ist neugierig und prüft zuerst die Einwände der Sozialistinnen und Sozialisten gegen das Privateigentum und die darauf basierende Ordnung, dann ihre Idee und erörtert schließlich die Schwierigkeiten, auf die sie stoßen werden. Er meint, dass die „gänzliche Erneuerung des sozialen Gebäudes […] gegenwärtig nicht zu erreichen ist“, verlange sie doch „sittliche und intellektuelle Eigenschaften, welche bei allen erst zu erproben und bei den meisten erst zu schaffen wären“ (113). Es bedarf zur Erreichung und Beibehaltung einer neuen Ordnung also der Bildung, der Gleichberechtigung und zu deren Finanzierung der Aufhebung des besonderen Eigentumsrechts; heute würden wir mit Mill sagen: Es bedarf unter anderem der Erbschafts‑ und Vermögenssteuer, der Finanztransaktionsabgabe etc., um das öffentliche Wohl (Daseinsvorsorge wie Gesundheitswesen, Transport, Bildung, Strom, Wasser etc.) zu finanzieren. Sigmund Freud teilte die zeitgenössische Kapitalismuskritik, mit der John Stuart Mill die soziale Ungleichheit – die Freud als Arzt aus eigener Anschauung kannte – ins Zentrum seiner Überlegungen stellte. Ihm war Mills Befund und dessen eigene Sozialismuskonzeption die Mühe der Übersetzung wert, mit der er den Text 1880 auch dem deutschsprachigen Raum zugänglich machte. Diese erstmals separat erscheinende Ausgabe ergänzen die Politikwissenschaftler Hubertus Buchstein und Sandra Seubert um aktuelle Debatten, sodass der ohnehin stets immanente Gegenwartsbezug noch verdeutlicht ist.
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Rubrizierung: 5.33 Empfohlene Zitierweise: Tamara Ehs, Rezension zu: John Stuart Mill: Über Sozialismus. Hamburg: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39712-ueber-sozialismus_48198, veröffentlicht am 26.05.2016. Buch-Nr.: 48198 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken