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Kurt P. Tudyka

Die Teilung der Erde. Grenzen der Globalisierung – Globalisierung der Grenzen

Hamburg: Verlag Dr. Kovač 2015 (Schriften zur internationalen Politik 50); 174 S.; 78,80 €; ISBN 978-3-8300-7687-2
Mit Blick auf den gegenwärtigen politischen Zustand rund um den Globus, wie er Gegenstand dieses Essays ist, findet sich im Nachwort Erhellendes. Globalisierung, so meint Kurt P. Tudyka, der sich der Tradition kritischer Friedensforschung zuordnen lässt, habe keineswegs etwas mit Entgrenzung, gar mit der Aufhebung des vormals Teilenden zu tun: „Die sogenannte ‚Globalisierung’ als die große Vereinigerin der Menschheit ist eine Schimäre. [...] Wahrscheinlich nicht vor dem Untergang der Menschheit werden deren sie trennende territoriale Grenzen enden.“ (170) Handelt es sich bloß um einen weiteren globalisierungskritischen Entwurf oder steckt mehr hinter dieser Eloge auf das Teilende, die etwa die von Immanuel Kant entworfene weltumspannende, republikanische Föderation als idealistische Träumerei abtut? Die „Zunahme von Grenzen“ (14), die Tudyka beobachtet und deren Formen sich vielleicht verändern mögen, jedoch nichts an der Tatsache ihrer Existenz ändern, sei offensichtlich: Immer noch seien die Staaten – in unterschiedlichen Größen und Qualitäten – die dominante topografische und politische Maßeinheit. Diese Logik einer schier „endlosen Teilung“ (29) der Welt werde fortlaufend durch die Menschen verinnerlicht – in mannigfaltigen Bezugnahmen auf das, was sich unter der Überschrift Vaterland und Patriotismus rubrizieren lasse, zwei Prinzipien, die noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts als unvereinbar mit einem echten Kosmopolitismus betrachtet worden seien. Tudyka führt neben Lied‑ und Operntexten hier insbesondere Nationalhymnen an, die vielfach und nach wie vor eine „aggressive Militanz“ (53) entfalteten, wenn es um die territoriale Integration einer Vielheit von Individuen gehe. Territoriale Grenzen, auch das eine weitere Gruppe von in Teilen bedrückend aktuellen Belegen, würden deutlich markiert, gesichert – und dort, wo sie etwa durch Staatenkonkurrenzen oder Flüchtlingsströme infrage gestellt würden, avanciere die Frage nach ihrer Bestimmung zu veritablen politischen Konflikten. Das häufig beschworene „globale Dorf“ (121) sei also, das ist sein Fazit, nichts weiter als ein leeres Versprechen: Wenn überhaupt, dann gebe es viele Dörfer auf dem Globus und die seien gut und deutlich voneinander getrennt. Mitunter beschleicht einen bei der Lektüre der Verdacht, dass da an – teilweise anekdotischer – Evidenz genau das gesucht wird, was auch die These belegt. Von supranationalen Staatenverbünden, internationaler Gerichtsbarkeit oder, wie auch immer man zu ihnen stehen mag, transnationalen Konzernen liest sich wenig. Von daher ist dem Abgesang auf die schiere Möglichkeit einer Weltrepublik in der Form, wie Tudyka ihn anstimmt, nicht unbedingt zuzustimmen – was nicht heißt, dass man von all den sich in dieser Richtung andeutenden politischen Formationen der Globalisierung restlos begeistert sein müsste.
{LEM}
Rubrizierung: 4.12.2 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Kurt P. Tudyka: Die Teilung der Erde. Hamburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39709-die-teilung-der-erde_47996, veröffentlicht am 26.05.2016. Buch-Nr.: 47996 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken