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Axel Hauser-Ditz / Valentina Mählmeyer / Ludger Pries

Europäische Betriebsräte. Grenzüberschreitende Koordination in der Automobilzulieferindustrie

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2015 (Arbeit – Interessen – Partizipation 13); 364 S.; 45,- €; ISBN 978-3-593-50328-8
Dieser Forschungsbericht dokumentiert im Detail die Ergebnisse eines Projektes, in dessen Mittelpunkt die Frage stand, inwiefern Europäische Betriebsräte (EBR) Einfluss auf Restrukturierungsprozesse und Standortentscheidungen nehmen und dabei die Interessen der abhängig Beschäftigten zur Geltung bringen können. Dies wurde am Beispiel der von Internationalisierungsprozessen und Standortwettbewerb besonders betroffenen Automobilzulieferbranche untersucht. Im Zentrum der Untersuchung stand dabei insbesondere die Frage nach dem Einfluss des „organisational fit“, also der Entsprechung von EBR‑ und Unternehmensstrukturen. Am Beispiel von fünf transnational tätigen Zulieferkonzernen wird gezeigt, dass die Erfolge von EBR mit Blick auf Standort‑ und Beschäftigungssicherungspolitiken bislang eher bescheiden ausfallen. Die Autoren werfen am Ende allerdings auch die Frage auf, ob die in der Forschung bislang insgesamt recht pessimistischen Einschätzungen des Einflusses von EBR nicht auch mit überzogenen Erwartungen zusammenhängen, die sich aus vereinzelten Erfolgsmeldungen speisen. Im Normalfall – wie auch die hier diskutierten Beispiele zeigen – erschweren der hohe Wettbewerbsdruck sowie die komplexen Unternehmensstrukturen eine erfolgreiche Einflussnahme ungemein. Dennoch zeigt sich, dass die Arbeit der EBR in vielen Bereichen wichtig und – gemessen an kleinen Zielsetzungen – durchaus erfolgreich sein kann, nicht zuletzt, was die oft positiven Rückkopplungen zu den nationalen und lokalen Systemen der Interessenvertretung betrifft. Für den Erfolg beziehungsweise Misserfolg der versuchten Einflussnahme zeigt sich in der Regel ein ganzes Bündel von Faktoren verantwortlich. Dazu zählt unter anderem die Anpassung des EBR an die komplexen Unternehmensstrukturen, divergierende nationale Kulturen von Erwerbsregulierung und Mitbestimmung sowie Vertrauensverhältnisse und Sprachkompetenzen mit Blick auf die direkten Interaktionen zwischen Arbeitnehmer‑ und Unternehmensvertretern. Als oftmals erschwerende Faktoren erweisen sich insbesondere die Tatsache, dass die EBR strukturell mit dem Management der Vielfalt von Produktsparten, Standorten und daraus erwachsenden divergierenden Interessen überfordert sind sowie ein mangelndes Verständnis der strategischen Bedeutung der EU‑Ebene. Von Interesse ist das Buch nicht allein aus arbeits‑ und industriesoziologischer Sicht, es zeigt ebenso die komplexen Akteurskonstellationen einer immer stärker verflochtenen politischen Ökonomie im europäischen Mehrebenensystem auf.
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Rubrizierung: 2.223.42.262 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Axel Hauser-Ditz / Valentina Mählmeyer / Ludger Pries: Europäische Betriebsräte. Frankfurt a. M./New York: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39687-europaeische-betriebsraete_47576, veröffentlicht am 19.05.2016. Buch-Nr.: 47576 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken