Skip to main content
Paul Davidson

John Maynard Keynes. Aus dem Englischen übersetzt von Richard Barth

Berlin: Duncker & Humblot 2015; 242 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-428-14009-1
Paul Davidson, Professor für Politische Ökonomie an der University of Tennessee, führt in das wirtschaftswissenschaftliche Denken des wohl angesehensten britischen Ökonomen des 20. Jahrhunderts, John Maynard Keynes, ein. Die Darstellung erschien bereits 2008 in englischer Sprache. „Der Zweck dieses Buches besteht darin, den Leser […] davon zu überzeugen, dass das, was heute als gängige Auffassung in den Wirtschaftswissenschaften gilt und regelmäßig von Talkshowgästen zu hören oder in den Printmedien und Fachzeitschriften des Mainstreams zu lesen ist, auf die Welt, in der wir leben, nicht anwendbar ist.“ (5) Keynes, der überzeugt davon war, dass die klassische ökonomische Theorie, oftmals in Gestalt formelhaft‑mathematisierter Modellierung daherkommend, nur unter bestimmten Prämissen und Axiomen gelten kann, stand in den 25 Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg stellvertretend für das wirtschaftliche Wachstum und Vollbeschäftigung. Davidson beschreibt seinen Wandel vom Anhänger klassischer ökonomischer Theorien angesichts der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Ersten Weltkriegs und der Großen Depression. Denn diese führten alle damaligen (wie heutigen) wirtschaftlichen Grundüberzeugungen ad absurdum. Es zeigt sich, dass Ökonomie bis heute ein Feld ist, in dem einhellig akzeptierte wissenschaftliche Theorien immer wieder obsolet werden. Anschließend legt er die zentralen Prämissen der „General Theory“ Keynes‘ anschaulich und gut erläutert dar. Dabei wird deutlich, dass die Auffassungen in ihrer Reinform von der orthodoxen Mehrheit seiner Kollegen zunächst skeptisch betrachtet wurden. Später wurden sie dann nur in Teilen übernommen und mit der von ihm bekämpften neoklassischen Theorie verknüpft, wie es vor allem der US‑amerikanische Ökonom Paul Samuelson vornahm. Die Ablösung des Keynesianismus als wirtschaftspolitisches Leitbild sieht der Autor denn auch in drei Faktoren begründet: „Die Verwandlung der Ökonomie in eine mathematische Wissenschaft; die neue, bourbakische wirtschaftsmathematische Sichtweise, wie eine akzeptable allgemeine Theorie auszusehen habe, sowie die antikommunistischen politischen Tendenzen […], die unter anderem zu einer Hexenjagd an den Universitäten führte.“ (190) Nach der allgemeinen Darstellung folgen Kapitel, in denen der Autor die aktuellen weltwirtschaftlichen Probleme nach Keynes analysiert. Dies liest sich im Hinblick auf die Welt‑ und Finanzkrise spannend, der Autor konstatiert treffend die folgenden Entwicklungen: „Doch sobald […] es zu einer Neuauflage der Weltwirtschaftskrise kommt, werden die Ökonomen den Analyserahmen von Keynes‘ Allgemeiner Theorie, der zum goldenen Zeitalter der Nachkriegszeit beigetragen hat, vielleicht wiederentdecken. Für Keynes wird das allerdings ein Pyrrhussieg sein.“ (212)
{FGI}
Rubrizierung: 5.454.14.43 Empfohlene Zitierweise: Fabrice Gireaud, Rezension zu: Paul Davidson: John Maynard Keynes. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39559-john-maynard-keynes_47994, veröffentlicht am 24.03.2016. Buch-Nr.: 47994 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken