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Anna Wolff-Powęska

Memory as Burden and Liberation. Germans and their Nazi Past (1945-2010) Translated by Marta Skowrońska

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2015 (Geschichte – Erinnerung – Politik. Posener Studien zur Geschichts-, Kultur- und Politikwissenschaft 10); 419 S.; 74,95 €; ISBN 978-3-631-64051-7
Die Auseinandersetzung der Deutschen mit der NS‑Vergangenheit ist disziplinübergreifend vielfach analysiert worden. Dabei dominiert die Binnenperspektive deutschsprachiger Wissenschaftler_innen (siehe etwa Buch‑Nr. 4170, 26788). Anna Wolff‑Poweska, als Historikerin und Politologin an der Universität Posen mit dem Schwerpunkt der deutsch‑polnischen Beziehungen tätig, legt nun für ein internationales Publikum ein Interpretationsangebot aus einer Außenperspektive vor. Auf der Basis deutsch‑, englisch‑ und polnischsprachiger Literatur, Publizistik und edierter Quellen betrachtet sie den Prozess der sogenannten Vergangenheitsbewältigung chronologisch von der Nachkriegszeit bis in die Gegenwart. In jeweils etwa gleich umfangreichen Kapiteln geht es um entsprechende Praktiken und öffentliche Debatten in der Besatzungszeit, in der Bundesrepublik und der DDR sowie im vereinigten Deutschland. Anschließend werden ausgesuchte Kristallisationspunkte des kollektiven Gedächtnisses noch einmal genauer untersucht: der 8. Mai im Spannungsfeld von Befreiung und Niederlage, die Reichspogromnacht als Radikalisierungsschritt in der Judenverfolgung und die besondere Bedeutung des Zweiten Weltkriegs für die deutsch‑polnischen Beziehungen – Letzteres ein Themenfeld, das in der deutschen Gedenkkultur nach wie vor eher wenig präsent ist. Die Autorin liefert hierbei kein stringent durchkomponiertes Werk, sondern eher Bausteine mit Blick auf ihre Leitfrage, „warum die deutsche Abrechnung mit der Vergangenheit ein von so vielen Widersprüchlichkeiten geprägter Prozess geworden ist“ (406). Als Antwortmöglichkeiten schlägt sie unter anderem die vielfach individuell gebrochene Wahrnehmung und die besondere Situation des Neuaufbaus nach dem Krieg in zwei unterschiedlichen Staaten und Systemen vor. Diese Widersprüchlichkeiten werden bereits im Titel deutlich, der Erinnerung einerseits als Last, andererseits als Befreiung deutet. Das einleitende Kapitel verortet solche Überlegungen im Kontext der aktuellen kulturwissenschaftlichen Gedächtnisforschung (siehe etwa Buch‑Nr. 30849). Wiederholt spricht sich Wolff‑Poweska für einen „Dialog der Erinnerungen“ (beispielsweise 351) aus, der auf individuelle und nationale Besonderheiten Rücksicht nimmt und die jeweils neuen Fragen jeder Generation an die Vergangenheit integriert.
{MUN}
Rubrizierung: 2.352.3132.3142.3152.23 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Anna Wolff-Powęska: Memory as Burden and Liberation. Frankfurt a. M. u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39542-memory-as-burden-and-liberation_48014, veröffentlicht am 17.03.2016. Buch-Nr.: 48014 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken