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Murray Bookchin

Die nächste Revolution. Libertärer Kommunalismus und die Zukunft der Linken. Hrsg. von Debbie Bookchin und Blair Taylor. Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Sven Wunderlich

Münster: Unrast 2015; 221 S.; 16,- €; ISBN 978-3-89771-594-3
Murray Bookchin (1921‑2006) war ein US‑amerikanischer libertärer Sozialist und Vorreiter kommunalistischen Denkens, der diesseits des Atlantiks wenig bekannt war und noch weniger rezipiert wurde – zu Unrecht, wie ein Blick in seine mit diesem Band vorgelegten Essays belegt. Denn Bookchin, dessen Werk dem anarchistischen Denken zugerechnet wird, entwickelt darin die Vorstellung einer praktisch möglichen und in diesem Sinne politisch herausfordernden Transformation des Gegenwartskapitalismus. Seine Überlegungen sind getragen von der Sorge um die Fortexistenz der Menschheit insgesamt: „Solange diese irrationale Gesellschaft uns mit atomaren und biologischen Waffen in Gefahr bringt, können wir nicht außer Acht lassen, dass das gesamte menschliche Projekt ein verheerendes Ende nehmen könnte.“ (21) Was bei ihm unter dem Stichwort ‚libertärer Kommunalismus’ firmiert, orientiert sich an der Vorstellung der griechischen Polis und zielt auf eine Gesellschaft, die aus einer freien Föderation kleiner Städte besteht. Darin anderen zeitgenössischen Entwürfen wie dem Konvivialismus nicht unähnlich, sieht Bookchin in lokal wie personal begrenzten Zusammenschlüssen das größte politische wie ökonomische Potenzial zur nachhaltigen Organisation eines weitestgehend selbstbestimmten menschlichen Zusammenlebens. Ein in diesem Sinne radikaler Munizipalismus will „nicht nur das politische Gesellschaftsleben, sondern auch das wirtschaftliche verändern. [...] Er will die Produktionsmittel in das eigentliche Gemeindeleben so eingliedern, dass bei jedem produktiven Unternehmen die örtliche Gemeindeversammlung entscheidet, wie es geführt werden soll, damit die Interessen der ganzen Gesellschaft erfüllt werden.“ (39) Dieses erkennbar gegen den Primat eines ubiquitären Individualismus, gegen seine Hierarchien und kapitalistischen Perpetuierungen gerichtete Projekt ist äußerst voraussetzungsvoll. Es rekurriert auf die – in Teilen idealisierte und verkürzt wiedergegebene – athenische Demokratie und die darin verwurzelte Vorstellung einer politischen Mitverantwortung der mündigen Bürger für ihre Stadt. In dem Maße, wie der Kommunalismus etwa auch Mehrheitsentscheidungen zur Implementierung politischer Vorhaben zulasse, unterscheide er sich, so Bookchins vehementer Hinweis, signifikant vom Anarchismus oder Kommunismus. Mit Letzterem indes teilt er die Idee politischer Anleitung, um hinsichtlich der Realisierung seiner Ziele voranzukommen: Es gelte, eine „neue, revolutionäre Organisation auf[zu]bauen“ (46), um die große Mehrheit zum Elysium zu führen. – Derlei Projekte und Revolutionen gab es schon zuhauf, ihr Ausgang war allerdings alles andere als hoffnungsvoll.
{LEM}
Rubrizierung: 5.435.422.212.232.61 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Murray Bookchin: Die nächste Revolution. Münster: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39541-die-naechste-revolution_47999, veröffentlicht am 17.03.2016. Buch-Nr.: 47999 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken