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Achim Brunnengräber

Ewigkeitslasten. Die "Endlagerung" radioaktiver Abfälle als soziales, politisches und wissenschaftliches Projekt – eine Einführung

Berlin: edition sigma 2015; 150 S.; 12,90 €; ISBN 978-3-8487-2479-6
Für die dauerhafte Einlagerung von radioaktivem Abfall gibt es weltweit noch kein tragfähiges Verfahren. „Die vielen technischen, sozialen, politischen und ethischen Problemdimensionen machen die Standortsuche als auch den Bau des ‚Endlagers‘ zu einer höchst gesellschaftlichen Angelegenheit“ (14), schreibt Achim Brunnengräber. Mit der Energiewende und dem Standortauswahlgesetz von 2013 sei ein neuer Referenzrahmen entstanden, der die Chancen auf eine Lösung der Endlagerungsfrage etwas verbessert habe. Der Autor widmet sich den vielfältigen Herausforderungen, die sich im Umgang mit Atommüll auf wissenschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Ebene ergeben. Das Buch ist im Rahmen des vom BMBF geförderten Projektes „Nukleare Entsorgung aus Multi Level Governance‑Perspektive“ am Forschungszentrum für Umweltpolitik der FU Berlin entstanden. Als Einführungsbuch konzipiert gliedert es sich übersichtlich in sechs Kapitel, die sich jeweils auf eine wichtige Dimension des Themas beziehen, aber auch die komplexen Verschränkungen zwischen ihnen zum Gegenstand haben. In hervorgehobenen Themenkästen werden wichtige Informationen und Argumente gebündelt, so etwa Antworten auf die Frage, wie Atommüll klassifiziert wird, welche Wirtgesteine zur Diskussion stehen oder wer die Kosten für die Einlagerung von Atommüll trägt und worum es sich bei der Endlager‑Kommission handelt. Brunnengräber ist daran gelegen, einem breiten Interessiertenkreis die Komplexität der Entsorgungsfrage zu vermitteln. Er benennt sie als „wicked problem“, für das es keine zufriedenstellende Lösung geben kann. „Die ‚Endlagerung‘ ist ein ubiquitäres Problem, das von gesellschaftlichen Konfliktlagen und technologischen Herausforderungen bestimmt wird wie kein anderes sozio‑technisches Abfallproblem“ (84). Es erfordere eine neue Form der Governance, mit der Interessen und Wertvorstellungen der unterschiedlichen Akteure auf der Grundlage von Transparenz und politischer Teilhabe ausbalanciert werden müssen. Während im Rückblick auf die Geschichte der Atomenergie die Ansicht vertreten werde, so der Autor, „dass alles gegen den Willen aller so gekommen sei“ (137), gelte es nun bei der Suche nach Endlagerstandorten, diese Logik umzukehren: Ein Endlager müsse „von allen gewollt und mit dem Willen aller umgesetzt werden. […] Es ist deshalb nicht übertrieben, den Prozess der Standortsuche für ein ‚Endlager‘ als eine Art Demokratietest zu sehen.“ (138) Nur sei dieser bislang noch nicht zu erkennen.
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Rubrizierung: 2.3432.2622.61 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Achim Brunnengräber: Ewigkeitslasten. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39509-ewigkeitslasten_47697, veröffentlicht am 10.03.2016. Buch-Nr.: 47697 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken