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Mohammad Abu Rumman

Ich bin Salafist. Selbstbild und Identität radikaler Muslime im Nahen Osten. Aus dem Arabischen übersetzt und mit einem Glossar versehen von Günther Orth

Bonn: Verlag J. H. W. Dietz Nachfolger 2015; 237 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-8012-0474-7
Der jordanische Politikwissenschaftler Mohammad Abu Rumman untersucht Selbstbild und Lebenswirklichkeit junger Muslime im Nahen Osten, die sich selbst als Salafisten bezeichnen. Zunächst erklärt er die Genese der Idee und der Terminologie Salafismus, zum Ende des ausgehenden 19. Jahrhunderts entstanden aus dem Bedürfnis nach der grundlegenden Reform des Islam als Reaktion auf die Alteritätserfahrungen des Kolonialismus. Dabei beschreibt er den Salafismus und seine vorgestellten Vertreter als Teile einer Idee, die ganz unterschiedliche Konzepte von Identitätskonstruktionen umfassen kann. Er erläutert anhand einer Reihe von Fallbeispielen den klassischen Salafismus, dessen dschihadistische Ausprägung, die salafistischen Suche nach einem dritten Weg sowie Aussteiger aus dem salafistischen Konzept. Steht bei den sogenannten Traditionssalafisten vor allem der Wunsch nach einem größeren Wissen über die Religion im Vordergrund – konterkariert von einer Oberflächlichkeit, die sich in der Überbetonung von Symbolen (Bart, Gewand) zeigt –, zeichnen sich die Fallbeispiele für den dschihadistischen Salafismus durch eine gänzlich auf die Religion zentrierte Identitätskonstruktion sowie Eindimensionalität und Abschottung nach außen ab. Dogmatismus ist hier das bestimmende Merkmal. Der aktionistische Salafismus wiederum zeichnet sich vor allem durch Unklarheiten und das Lavieren der Anhänger zwischen den beiden vorgenannten Polen aus. Dennoch sieht Abu Rumman den Aktionssalafismus als weniger eindimensional als die beiden zuvor genannten Spielarten, wohl auch, da dessen Mitglieder häufig aus einem anderen politischen (häufig linken) Lager stammen und daher andere Diskursmentalitäten gewohnt sind. Die Fallbeispiele der Aussteiger wiederum belegen die starke Bedeutung der Sinnsuche für die jungen Anhänger der Salafiya, die entweder zu einer weiteren Radikalisierung oder zum Ausstieg führen kann. Im Anhang befindet sich noch ein hilfreiches Glossar der wichtigsten arabischen Termini. Es handelt sich um ein wichtiges Werk, vor allem weil es sich mit der Innenansicht und der eigenen Identitätskonstruktion von Salafisten im Nahen Osten (im Original in deren eigener Sprache) befasst. Damit leistet es einen wichtigen Beitrag zum Verständnis eines Phänomens, das auch in Europa viele junge Menschen anspricht.
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Rubrizierung: 2.252.63 Empfohlene Zitierweise: Michael Rohschürmann, Rezension zu: Mohammad Abu Rumman: Ich bin Salafist. Bonn: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39487-ich-bin-salafist_47914, veröffentlicht am 03.03.2016. Buch-Nr.: 47914 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken