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Peter Longerich

Hitler. Biographie

Berlin: Siedler Verlag 2015; 1.296 S.; geb., 39,99 €; ISBN 978-3-8275-0060-1
In der bisher umfangreich erschienenen Literatur zum deutschen Diktator wurde von metaphysischen bis zu den soziopolitischen Umständen eine Vielzahl an Theorien zur Erklärung des Phänomens Hitler herangezogen. In seinem über 1.000 Seiten umfassenden Werk nun verzichtet Peter Longerich auf psychologische oder andere Deutungsmuster und stellt den Politiker in den Mittelpunkt. Er charakterisiert Hitler als einen Machtmenschen, der geschickt seine Kriegserlebnisse als Legitimation für seine politischen Ziele nutzte – er war nicht der durch den Krieg „erweckte“ Missionar. Ebenso distanziert sich Longerich von der Idee, Hitler sei lediglich die Symbolfigur des sogenannten Dritten Reiches gewesen und andere hätten die Entscheidungen in seinem Namen getroffen. Hitler war Dreh‑ und Angelpunkt eines immer mehr auf ihn zugeschnittenen Machtapparates, so eine zentrale Aussage. Er bestimmte maßgeblich die politische Richtung der „Bewegung“ und später des Staates und schuf ein System gegenseitiger Überwachung mit gleichzeitiger Abhängigkeit aller Entscheidungen von ihm. Dabei sieht Longerich ihn als Mikromanager, der sich bis in das kleinste Detail in jeden Aspekt der Staatsführung und Kultur einmischte. Indes wurde nie ein politisches Gesamtkonzept deutlich und der Diktator agierte in höchstem Maße erratisch. Weder Politik noch Staat noch die immer wieder beschworene sogenannte Volksgemeinschaft waren monolithische Gebilde, doch gelang es Hitler bis zuletzt, divergierende Interessengegensätze durch große Szenen und Inszenierungen zu überdecken. Longerich sieht nicht einen einzelnen Grund für den Aufstieg Hitlers und des Nationalsozialismus, sondern viele einzelne Entscheidungen, die immer auch hätten anders ausfallen oder deren Ergebnis hätte anders aussehen können. Durch die Konzentration auf Hitlers politisches Vorgehen bleibt die Frage nach dem Wie und Warum offen. Longerich blendet bewusst die Beziehung zwischen „Führer“ und Geführten aus und widmet sich bestenfalls am Rande der Politik, die von Hitlers Vasallen ausging. Hier hat die Biografie ihre Schwächen. Gleichzeitig ermöglicht Longerichs Perspektive aber eine intensivere Betrachtung des Politikers Hitler. Auch wenn das Bild, das er zeichnet, nicht vollständig ist, ist es dennoch sehr scharf konturiert.
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Rubrizierung: 2.32.312 Empfohlene Zitierweise: Michael Rohschürmann, Rezension zu: Peter Longerich: Hitler. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39461-hitler_47997, veröffentlicht am 25.02.2016. Buch-Nr.: 47997 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken