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Axel Tschentscher / Caroline Lehner / Matthias Mahlmann / Anne Kühler (Hrsg.)

Soziale Gerechtigkeit heute. Kongress der Schweizerischen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie, 7. Juni 2013, Universität Bern

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2015 (Archiv für Rechts- und Sozialphilosophie Beiheft 141); 139 S.; 38,- €; ISBN 978-3-8487-2350-8
„Die Forderung nach ‚Sozialer Gerechtigkeit‘ wirkt heute nicht weniger polarisierend als bei der Publikation von John Rawls‘ Theorie der Gerechtigkeit vor mehr als 40 Jahren“, schreiben die Herausgeber_innen und betrachten sie als „diskursive[n] Orientierungspunkt“ (9) in Politik und Philosophie. Vor diesem Hintergrund haben sich im Rahmen der genannten Tagung Vertreter_innen aus beiden Bereichen über den Stand der Forschung und Praxis ausgetauscht. Dabei standen drei Handlungsfelder zur Diskussion, in denen sich die praktische wie theoretische Relevanz der Gerechtigkeitsfrage besonders zeigt: Lohnpolitik, Migration und Gesundheitsversorgung. Einleitend befasst sich Hauke Brunkhorst mit der übergeordneten Frage nach Solidarität als Vorbedingung für die Realisierung sozialer Gerechtigkeit. Kritisch blickt er auf die vergangenen drei Jahrzehnte, in denen sich ein Wandel vom „demokratischen Kapitalismus“ hin zur „kapitalistischen Demokratie" (22) vollzogen habe, und fordert, den „kognitiv verleugneten und öffentlich verdrängten Widerspruch von Demokratie und Kapitalismus wieder ins Dasein und ins Zentrum der Debatte zurück zu versetzen“ (24). Carsten Köllmann geht auf moralisch‑ethische Fragen in der Auseinandersetzung um einen gerechten Lohn ein und entwickelt Grundzüge einer Theorie der Lohngerechtigkeit. Im Hauptreferat zum Thema Migration führt Andreas Casse überzeugende Argumente für die Anerkennung eines Rechts auf globale Bewegungsfreiheit an, das er als negatives Anspruchsrecht verstanden wissen will. „Die These lautet nicht, dass wir verpflichtet sind, Einwanderungswilligen im Ausland aktiv die Einreise zu ermöglichen, sondern nur, dass wir sie nicht mit staatlichen Zwangsmitteln an der Einwanderung hindern dürfen." (57) In den weiteren Ausführungen setzt er sich mit den damit verbundenen (völker)rechtlichen Konsequenzen auseinander. Auch wenn er dabei nicht alle Bedenken gegen ein solches Recht ausgeräumt hat, wie Casse zugesteht, so zeigt sein Beitrag einmal mehr, dass „Zweifel an der Vertretbarkeit einer Praxis […], die im politischen Diskurs kaum je in Frage gestellt wird“, absolut geboten sind. „Es ist alles andere als klar, worin der Zwang gerechtfertigt sein könnte, der in den Ausschaffungsgefängnissen und an den europäischen Außengrenzen tagtäglich gegen unerwünschte Migrantinnen ausgeübt wird." (76)
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Rubrizierung: 5.422.2622.2634.42 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Axel Tschentscher / Caroline Lehner / Matthias Mahlmann / Anne Kühler (Hrsg.): Soziale Gerechtigkeit heute. Baden-Baden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39434-soziale-gerechtigkeit-heute_47435, veröffentlicht am 25.02.2016. Buch-Nr.: 47435 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken