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Cornelia Reiher / Sarah Ruth Sippel (Hrsg.)

Umkämpftes Essen. Produktion, Handel und Konsum von Lebensmitteln in globalen Kontexten

Göttingen u. a.: Vandenhoeck & Ruprecht 2015 (Transnationale Geschichte 3); 320 S.; 69,99 €; ISBN 978-3-525-30170-8
„Essen ist politisch“ (11), denn die Landwirtschaft, der Handel mit Lebensmitteln und die Ernährungsindustrie zählen weltweit zu den größten Wirtschaftssektoren und Wachstumsbranchen, schreiben die Herausgeberinnen. Dabei konzentrieren sich Marktmacht und Einfluss auf nur wenige Akteure, vor allem auf mächtige, weltweit agierende Konzerne wie Wal‑Mart, Nestlé, Unilever oder Monsanto. Parallel zur voranschreitenden Industrialisierung der Landwirtschaft sind eine Vielzahl an alternativen Bewegungen rund um die Themen Essen und Ernährung entstanden, die versuchen, Verbindungen zwischen den Lebensmittelproduzenten und ‑konsumenten wiederzubeleben, denen es um Solidarität, Partizipation und Nachhaltigkeit geht. Alternative Food‑Bewegungen zielen darauf ab, soziale Verhältnisse und die Strukturen des globalen Agri‑Food‑Systems zu transformieren. In diesem Band werden die Globalisierung der Produktion, des Handels und des Konsums von Lebensmitteln analysiert, die Verbindungen zwischen Produzenten und Konsumenten untersucht und die Interessen sowie Machtstrukturen benannt, die das globale Ernährungssystem bestimmen. Die Beiträge sind drei Themenbereichen zuzuordnen. Erstens werden mithilfe des Konzepts der Warenkette die Ebenen der Produktion, Verarbeitung, Verteilung und Konsumtion innerhalb des globalen Ernährungssystems ermittelt und Ungleichheiten identifiziert. Sarah Ruth Sippel verdeutlicht das etwa am Beispiel der Tomaten, des sogenannten roten Goldes. Zweitens wird gefragt, „wer die ‚Spielregeln‘ des globalen Ernährungssystems bestimmt. Große transnationale Konzerne dominieren zunehmend das globale Agri‑Food‑System und können über WTO und Freihandelsabkommen auf nationale Verbraucherschutzgesetzgebungen und staatliche Standards für Lebensmittelsicherheit Einfluss nehmen“ (24). Jörg Gertel erläutert, wie globale Getreidehändler Einfluss auf die Preisentwicklung eines wichtigen Grundnahrungsmittels, das Brot, in Ägypten nehmen. Drittens geht es um die Strategien, mit denen Lebensmittel vermarktet werden, die kulturellen Dimensionen von Ernährung und Lebensmittelkonsum, um Fragen von Herkunft und Authentizität von Lebensmitteln. Sarah May analysiert am Beispiel von zwei Käsesorten aus Italien und Baden‑Württemberg, wie aus Lebensmitteln „ausgezeichnete Spezialitäten“ (247 ff.) werden. Die Herausgeberinnen verstehen ihren Band als Beitrag zur deutschsprachigen Debatte über Essen und das globale Agri‑Food‑System aus der Perspektive der empirischen Globalisierungsforschung und der Area Studies. Er ist im Kontext des DFG‑Graduiertenkollegs „Bruchzonen der Globalisierung“ entstanden, das zunächst an der Universität Leipzig stattfand und später an der Freien Universität Berlin fortgeführt wurde.
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Rubrizierung: 4.452.682.672.42.2633.52.325 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Cornelia Reiher / Sarah Ruth Sippel (Hrsg.): Umkämpftes Essen. Göttingen u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39394-umkaempftes-essen_47201, veröffentlicht am 18.02.2016. Buch-Nr.: 47201 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken