Skip to main content
Frank Eckardt / Javier Ruiz Sánchez (Hrsg.)

City of Crisis. The Multiple Contestation of Southern European Cities

Bielefeld: transcript Verlag 2015 (Urban Studies); 260 S.; 29,99 €; ISBN 978-3-8376-2842-5
Nach Schätzung der Vereinten Nationen lebt seit dem Jahr 2007 die Mehrheit der Menschen in Städten – Tendenz steigend. Mit der seit 2008 andauernden Wirtschafts‑, Finanz‑ und Staatsschuldenkrise sei es zeitgleich in Europa und in anderen Teilen der Welt zu stark steigender Arbeitslosigkeit, aber auch zu vermehrt auftretendem Nationalismus gekommen. Diese und andere Symptome und Auswirkungen der Krise manifestierten sich besonders deutlich, so die Annahme der Herausgeber, im unmittelbar erfahrbaren Umfeld der Menschen. Damit avanciere die lokale, die städtische Ebene zu einem gegenwartsdiagnostisch besonders relevanten Umfeld, wie sich insbesondere in Südeuropa zeige, denn: „Städte sind in dieser Krise die Orte der Verletzbarkeit.“ (8) Álvaro Sevilla‑Buitrago untersucht in seinem Beitrag den Zusammenhang von neoliberalem Zeitgeist, Austeritätspolitik und Stadtplanung. Unter Rückgriff auf die kapitalismuskritischen Arbeiten von Henri Lefebvre und David Harvey kommt er dabei unter anderem zu dem Schluss, dass der zeitgenössische Neoliberalismus die Umorganisation und Disziplinierung ganzer Städte unter finanziellen Gesichtspunkten – Stichwort Gentrifikation – massiv befördere. Dagegen gelte es mit einem „aktiven Urbanismus“ (44) anzugehen, der alternative stadtplanerische Entwürfe artikulieren müsse sowie auf demokratisch organisierte Mitgestaltungsansprüche und die Schaffung städteübergreifender, solidarischer Netzwerke abziele. Mit Blick auf italienische Städte geht Maria Cristina Gibelli der Frage nach, wie sich die bereits seit Langem bestehenden Privatisierungstendenzen auf die Stadtplanung ausgewirkt haben. Insgesamt habe die italienische Städtebaupolitik eine lange Phase der Deregulierung durchlaufen, so die Beobachtung, mit fatalen Folgen: Zu bereits bestehenden gesellten sich neue Armutsquartiere, unkontrollierte Landnahme greife um sich und städtische Kulturgüter und Denkmäler seien in einem schlechten Zustand. Auch hier komme dringend nötige Abhilfe von unten, schreibt Gibelli, soziale Netzwerke und lokale Bürgerinitiativen würden sich zunehmend zusammenschließen, um Projekte zu einer nachhaltigen Stadtentwicklung anzustoßen. Auch wenn es sich zurzeit noch um zarte Pflänzchen handele, so sei doch ein Trend unübersehbar: die Rückeroberung und Wiederaneignung politischer Regelungskompetenz durch die Bürgerinnen und Bürger.
{LEM}
Rubrizierung: 2.612.22.21 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Frank Eckardt / Javier Ruiz Sánchez (Hrsg.): City of Crisis. Bielefeld: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39388-city-of-crisis_47932, veröffentlicht am 11.02.2016. Buch-Nr.: 47932 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken