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Hans-Werner Sinn

Der Euro. Von der Friedensidee zum Zankapfel

Berlin: Hanser 2015; 535 S.; geb., 24,90 €; ISBN 978-3-446-44468-3
Bei diesem Buch des bekannten Ökonomen Hans‑Werner Sinn handelt es sich um die überarbeitete und aktualisierte Version eines Buches, das er bereits 2014 in englischer Sprache vorgelegt hat – mit mehr als 500 Seiten bietet dieser Titel eine umfassende Analyse der jüngsten Krise im Euroraum. Mithilfe von ausführlichen Daten und Tabellen schildert Sinn, wie sich nach Einführung des Euros Bilanzungleichgewichte und Fehlinvestitionen anhäuften, die sich in der Krise ab 2008 dramatisch entluden. In diesem Kontext weist er auch darauf hin, dass staatliches Handeln in Form einer Senkung regulatorischer Standards im Finanzsektor diese Entwicklung maßgeblich begünstigt hat. Er schildert die unterschiedlichen Rettungsmaßnahmen, die er als unzulänglich bezeichnet und aus zwei wichtigen Gründen fundamental kritisiert: Erstens weil durch diese Schritte öffentliche Gläubiger private abgelöst haben und zweitens weil die Europäische Zentralbank jenseits demokratischer Kontrolle die Verschiebung großer Kapitalmengen billigte, wenn nicht gar selbst vorantrieb. Als überzeugendste Lösung für die Krise erscheint Sinn nicht die Zerschlagung, sondern eher ein geordneter Rückbau der Eurozone nach Art des vorherigen Wechselkursmechanismus – mit der expliziten Möglichkeit, wieder in den Euroraum zurückkehren zu können. Abseits dieser Vorschläge findet sich jedoch kaum Neues. Durch das ganze Buch ziehen sich klassisch‑ordoliberale Allgemeinplätze wie die Übertragung wirtschaftlicher Anpassungslasten auf die arbeitende Bevölkerung, die Einhaltung starrer Verschuldungsregeln sowie die Ablehnung jeglicher Form innereuropäischer Gemeinschaftshaftung. Dass Sinn andere Sichtweisen auf die Eurokrise höchstens nur kursorisch behandelt, ist ihm freigestellt; dass er in einer modellfixierten Sichtweise die sozio‑ökonomischen und institutionellen Nebenwirkungen seiner Prämissen weitgehend ignoriert, ist jedoch ärgerlich. Diejenigen, die Sinns Positionen bereits aus anderen Veröffentlichungen kennen, müssen dieses Buch daher nicht zwingend erwerben; einen faktenreichen und detaillierten Überblick über die wirtschaftlichen (Fehl‑)Entwicklungen der vergangenen Jahre liefert „Der Euro“ aber allemal.
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Rubrizierung: 3.5 Empfohlene Zitierweise: Max Lüggert, Rezension zu: Hans-Werner Sinn: Der Euro. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39314-der-euro_47714, veröffentlicht am 28.01.2016. Buch-Nr.: 47714 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken