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BEIGEWUM (Hrsg.)

Politische Ökonomie Österreichs. Kontinuitäten und Veränderungen seit dem EU-Beitritt

Wien: Mandelbaum Verlag 2015 ; 373 S. ; 19,90 €; ISBN 978-3-85476-458-8
Als Österreich 1995 der Europäischen Union beitrat, hatte dies in vielen Bereichen des politischen Systems tiefgreifende Folgen: Strukturen, Institutionen, konkrete sozial‑ökonomische Regulierungen und nicht zuletzt die politischen Kräfteverhältnisse hätten sich geändert, schreiben Joachim Becker, Valerie Bösch, Romana Brait, Georg Feigl, Tobias Orischnig, Philipp Poyntner und Jana Schultheiss einleitend. Sie kritisieren, dass all diese Veränderungen eine „neoliberale Grundierung“ (7) aufwiesen. Aus dieser kritischen Perspektive werden in dem Sammelband Wandel und Kontinuität der politischen Ökonomie und des intellektuellen Diskurses in Österreich seit dem EU‑Beitritt untersucht. Im Fokus steht die Frage nach den Gewinner_innen und Verlierer_innen des Prozesses. Herausgegeben wird der Band vom österreichischen Verein BEIGEWUM. In diesem „Beirat für gesellschafts‑, wirtschafts‑ und umweltpolitische Alternativen“ arbeiten Sozialwissenschafter_innen aus unterschiedlichen Disziplinen nach eigener Aussage daran, kritische Forschungstätigkeit in die laufende politische Debatte einzubringen. Stefan Ederer, Engelbert Stockhammer und Predrag Ćetković sehen den EU‑Beitritt Österreichs als wichtigen Meilenstein in der Entwicklung vom „‚Austro‑Keynesianismus‘“ (34) hin zu einem neoliberal geprägten Regulierungssystem. Prägende Elemente seien, wie in anderen Ländern auch schon zuvor zu beobachten gewesen sei, deregulierte Märkte, abgebaute Sozialleistungen und insgesamt ein zunehmender Rückzug des Staates. Die „Polarisierung der Einkommensverteilung zwischen Arbeit und Kapital“ (55) habe sich infolge des Beitritts zu Lasten der Arbeit verschärft. Die versprochenen stabilen Wohlstandsgewinne für alle seien dagegen ausgeblieben, kritisieren die Autoren. Katharina Mader, Jana Schultheiss und Edith Waltner diskutieren, wie sich die EU‑Gleichstellungspolitik auf die Situation der Frauen im Land ausgewirkt hat. Sie kommen zu einem ambivalenten Fazit: Von der EU initiierte Diskriminierungsverbote für Frauen am Arbeitsmarkt und Strategien zum Ausbau der Kinderbetreuung seien positiv zu werten, da sie ein unabhängiges und selbstbestimmtes Leben erleichterten. Allerdings werde die Gleichstellungspolitik auch betrieben, um die Wettbewerbsfähigkeit zu steigern, und so stünden bei den Reformen dann doch oft „humankapitalistische Argumente im Vordergrund“ (307), mit all ihren Nachteilen für die soziale Absicherung und Solidarität.
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Rubrizierung: 2.42.2622.212.2632.222.274.223.73.13.5 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: BEIGEWUM (Hrsg.): Politische Ökonomie Österreichs. Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39284-politische-oekonomie-oesterreichs_47512, veröffentlicht am 21.01.2016. Buch-Nr.: 47512 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken