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Peter Nitschke (Hrsg.)

Kulturwissenschaften der Moderne. Band 3: Das 20. Jahrhundert

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2015; 208 S.; geb., 44,95 €; ISBN 978-3-631-61151-7
Dieser dritte Band der „Kulturwissenschaften der Moderne“ stellt weder ein Kompendium noch eine Überblicksdarstellung oder eine Einführung für Bachelorstudierende dar. Vielmehr versammelt das Buch, das nur knapp 200 Seiten umfasst und damit für eine Darstellung der Kulturwissenschaften des 20. Jahrhunderts mehr als mager ist, Beiträge von Autoren der Universität Vechta, die alles andere als repräsentativ sind: Plakatpropaganda, Biologismus, Schuld ohne Gedächtnis, Frauenbewegung, das Amt des Bundespräsidenten und der Untergang des Abendlandes, all diese Themen stehen mehr oder weniger unverbunden nebeneinander und werden durch einen Einleitungstext des Herausgebers verklammert, der zum Verständnis der Absicht dieses Bandes nicht gerade hilfreich ist (wenn man die ganze Sache nicht unter dem Begriff der Hybris subsumieren will). Dass die Kulturwissenschaften sich einer strukturellen Identitätskrise am Vorabend des Ersten Weltkrieges verdanken und unter anderem Max Weber „auf die Sinndeutungskrise [seiner] Zeit mit einem kulturellen Bezug [seiner] wissenschaftlichen Argumentation“ (8) antwortet, ist ebenso abstrus wie schlecht formuliert. Was damit gemeint sein soll, dass die Kulturwissenschaften (im Plural) – also gerade nicht die Kulturwissenschaft (als Wirklichkeitswissenschaft im Sinne Max Webers) – „etwas erklären [wollen], was selbst nur als Substrat von Etwas in Erscheinung tritt“ (11), bleibt eher dunkel. Ob Literatur ein Garant von Kultur sei, fragt der Herausgeber. „Liefern fiktionale Texte kulturelle Images oder liefern sie nur Fiktionen im Sinne von Irrationalitäten?“ (12) Nun, es ist schon eine Kunst, Fiktionalität von Fiktionen zu unterscheiden. Der cultural turn sei dialektisch zu verstehen, aber diese Dialektik funktioniere schon lange nicht mehr und so gesehen sei die Kulturgeschichte so etwas wie die Wiedergeburt einer Totalgeschichte. Was soll man dazu sagen? Auf jeden Fall eines: Um eine Überblicksdarstellung handelt es sich keinesfalls, Anspruch und Wirklichkeit klaffen weit auseinander. Das Sammelsurium an Themen ist einer lohnenswerten Debatte darüber, was Kulturwissenschaft sein könnte, jedenfalls nicht dienlich.
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Rubrizierung: 1.32.322.365.464.12.22.225.42 Empfohlene Zitierweise: Georg Kamphausen, Rezension zu: Peter Nitschke (Hrsg.): Kulturwissenschaften der Moderne. Frankfurt a. M. u. a.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39279-kulturwissenschaften-der-moderne_47188, veröffentlicht am 21.01.2016. Buch-Nr.: 47188 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken