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Till Müller-Heidelberg / Elke Steven / Marei Pelzer / Martin Heiming / Heiner Fechner / Rolf Gössner / Holger Niehaus / Martin Stößel (Hrsg.)

Grundrechte-Report 2015. Zur Lage der Bürger und Menschenrechte in Deutschland

Frankfurt a. M.: Fischer Taschenbuch Verlag 2015; 249 S.; 10,99 €; ISBN 978-3-596-03288-4
„Im Grundrechte‑Report können wir uns fast nie positiv auf die Gesetzgebung beziehen, sondern allenfalls auf die Rechtsprechung, auf die des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), zunehmend auf die europäische Rechtsprechung“ (13), heißt es im Vorwort dieser 19. Ausgabe des „Alternativen Verfassungsschutzberichts“. Ein besonderes Beispiel hierfür ist die Vorratsdatenspeicherung, die 2014 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) in ihrer damaligen Fassung für nichtig erklärt wurde. Thilo Weichert, der über die Vorgeschichte und das Urteil berichtet, sollte mit seinem Fazit, dass die Bestrebungen zum unbegrenzten Datensammeln nicht nachlassen werden, Recht behalten: Kürzlich, im Dezember 2015, trat die neue Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft. Von den mehr als 40 Beiträgen beziehen sich allein acht auf Art. 20 III, darunter zum BND‑NSA‑Überwachungskomplex, zur Rolle des Verfassungsschutzes in der Fußballszene und zum NSU‑Skandal. Rolf Gössner spricht hinsichtlich der Enthüllungen zur Ausspähaffäre von einer „Kapitulation des Rechtsstaats vor staatlichem Unrecht“ (148) und Peer Stolle macht in seinem Bericht über die Konsequenzen aus dem NSU‑Terror unmissverständlich deutlich, dass die Reformbemühungen lediglich Symbolpolitik und dabei zudem äußerst gefährlich sind, weil sie rechte Gewalt weiterhin bagatellisieren und der „Besonderheit der Vorurteilskriminalität nicht gerecht“ (160) werden. Vorurteile und rassistische Ressentiments werden auch durch das geltende Asylrecht gestärkt, wie den Beiträgen zu diesem weiteren Themenschwerpunkt zu entnehmen ist. Thomas Hohlfeld etwa zeigt, wie mit der zweifelhaften Konstruktion sicherer Herkunftsstaaten versucht wird, „‚gute‘ Flüchtlinge (aus Syrien) gegen ‚schlechte‘ Flüchtlinge (Roma aus Westbalkanländern) auszuspielen“ (105). Weiterhin setzt sich Pia Eberhard mit dem Investitionsschutz im Handelsabkommen TTIP auseinander und anhand von Einzelbeispielen werden in mehreren Aufsätzen Verstöße gegen soziale Menschenrechte aufgezeigt. Insgesamt bietet der Report in gewohnter Weise einen schonungslosen Einblick in die Verfassungswirklichkeit und legt systematisch die „Ignoranz staatlicher Behörden und politischer Entscheidungsträger gegenüber den garantierten Grund‑ und Menschenrechten und gegenüber demokratischen Grunderfordernissen“ (14 f.) offen.
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Rubrizierung: 2.32.322.352.34 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Till Müller-Heidelberg / Elke Steven / Marei Pelzer / Martin Heiming / Heiner Fechner / Rolf Gössner / Holger Niehaus / Martin Stößel (Hrsg.): Grundrechte-Report 2015. Frankfurt a. M.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39251-grundrechte-report-2015_47538, veröffentlicht am 14.01.2016. Buch-Nr.: 47538 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken