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Gunnar Folke Schuppert

Verflochtene Staatlichkeit. Globalisierung als Governance-Geschichte

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2014 (Staatlichkeit im Wandel); 411 S.; 36,90 €; ISBN 978-3-593-50180-2
Der Rechts‑ und Verwaltungswissenschaftler Gunnar Folke Schuppert erzählt die Geschichte der Globalisierung einschließlich der „unendliche[n] Vielfalt der Rollen des Staates“ (21) als „Governance‑Geschichte“ (23). Den methodischen Kompass seines Buches identifiziert der Autor im „‚akteurszentrierten Institutionalismus'“ (21): Der unzertrennbare Zusammenhang von Institutionen und Akteuren sei mit dem Schlüsselwort der „Regelungsstrukturen“ auf den Begriff zu bringen, innerhalb derer sich das Handeln staatlicher und nicht‑staatlicher Akteuren vollziehe. „Governance“ sei damit – wie „Globalisierung“ – ein „staatsrelativierendes Konzept“ (siehe auch Buch‑Nr. 40922). Neben der „Vielfalt des Regierens“ (wie Anke Draude zitiert wird) sei für Governance zudem typisch, nicht darauf angewiesen zu sein, in festen, rechtlich klaren Gussformen gedacht, sondern als „Governance‑Regime“ aus unterschiedlichem Baumaterial zusammengesetzt zu werden, etwa aus „hard“ und „soft law“ (25 f.); darum gehe es auch in vielen Globalisierungsbereichen. Die Interdependenz verschiedener soziopolitischer Akteure und Strukturen nennt Schuppert „verflochtene Staatlichkeit“ (28, Buchtitel), deren historischen Wandel er in vier Kapiteln anhand sich wiederholender Muster analysiert. Dabei geht es um verschiedene „Verflechtungsstrukturen“ (30) von Staat und Gesellschaft, die nicht nur der jüngeren Geschichte und Gegenwart entnommen sind, im Gegenteil: So seien etwa die privilegierten Handelskompanien der frühen Neuzeit als „Staatlichkeitsunternehmer“ (43) zu beschreiben, die als Kaufleute mit staatlichem Segen gestartet und als quasi‑staatliche Kolonialmacht geendet seien. Der allmähliche Wandel vom Handelsunternehmen zur Kolonialagentur durch zunehmende Bedeutung militärischer Auseinandersetzungen und ihrer Entwicklung zu steuererhebenden Institutionen habe die Grenzen zum Staat mehr und mehr verschwinden lassen – für Schuppert ein „Paradebeispiel“ der Verflechtung zwischen Staat und Kommerz. Besonders anschaulich könne „Globalisierungsgeschichte als Verflechtungsgeschichte“ (355) auch anhand des arbeitsteiligen Verhältnisses von Staat und Religion in den Blick genommen werden, etwa anhand der Verflechtungen wirtschaftlicher, kultureller und religiöser Globalisierung in der späten europäischen Expansion. Insgesamt handelt es sich um einen sehr anregenden und (auch historisch) hoch interessanten Beitrag zum Wandel von Staatlichkeit und zur Governance‑Forschung, der angesichts der für Schuppert typischen Einbindung und ausführlichen Zitation von passenden Textpassagen zugleich einen Einblick in die vielfältigen hier behandelten Forschungsgebiete erlaubt.
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Rubrizierung: 2.22.212.234.435.41 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Simon, Rezension zu: Gunnar Folke Schuppert: Verflochtene Staatlichkeit. Frankfurt a. M./New York: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39240-verflochtene-staatlichkeit_47879, veröffentlicht am 07.01.2016. Buch-Nr.: 47879 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken