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Stefan Brocza (Hrsg.)

Die Auslagerung des EU-Grenzregimes. Externalisierung und Exterritorialisierung

Wien: Promedia 2015 (edition kritische forschung); 222 S.; brosch., 25,- €; ISBN 978-3-85371-390-7
„Ähnlich einem mittelalterlichen Burgherrn errichtet die Europäische Union in ihrem Vorfeld eine Art Cordon sanitaire – einen vorgelagerten Sicherheitsgürtel jenseits der EU‑Außengrenzen, der eine besondere Art der Zusammenarbeit mit Drittländern etabliert“ (9), schreiben Stefan Brocza, Anna Jäger und Romana Litzka. Sie kritisieren, dass nicht‑europäischen Ländern die Hauptlast bei der Überwachung der EU‑Außengrenzen aufgebürdet wird und Kontrollen sowie Zurückweisungen auf den Territorien von Drittstaaten stattfinden. Mit der Verschiebung der Grenzkontrollen und weiteren Maßnahmen der Abschottung vermeidet die Union Menschenrechtsverletzungen auf eigenem Boden, heißt es weiter. Am Beispiel Libyens schildern sie exemplarisch, wie Migranten in Lagern untergebracht werden, um sie an der Einreise in die EU zu hindern. Dieses Abwälzen von Problemen wird sukzessive auch auf weitere Politikbereiche ausgedehnt, wie etwa auf die Drogenbekämpfung, die nach Westafrika ausgelagert wird und an der Europol maßgeblich beteiligt ist. Romana Litzka beschreibt, dass es dort „Kooperationsplattformen“ gibt, die von der EU mit „‚Verbindungsbeamten‘ besetzt werden, um die Funktion der Kontrolle und Überwachung auszuführen“ (179). Viele Probleme werden so bereits vor den EU‑Grenzen abgefangen. In Westafrika bestehen diese Zentren im Senegal und in Ghana. Die Autorin bezweifelt, ob der von der EU gewählte Begriff der Partnerschaft tatsächlich zutrifft, da die Interessen der Geber, also die der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten, dominieren. Hinzu kommt, dass die mit der EU geschlossenen Abkommen oftmals wenig transparent und asymmetrisch sind. Diesen Prozess der Externalisierung beleuchten der Herausgeber und die Autor_innen kritisch. Als Konsequenz dieser Politik „verwischen die Grenzen zwischen innerer und äußerer Sicherheit zunehmend […und] die Bedeutung der externen Dimension innerer Sicherheit“ (220) wächst. Der Externalisierungsansatz wird dabei zu einem allgemein einsetzbaren und flexiblen Abwehrmechanismus, der auch auf immer weiter entfernte Gebiete ausgedehnt wird. Die EU entfernt sich von ihrer Rolle als „wohlwollender Hegemon“ und befindet sich stattdessen auf dem Weg zu einem „ziel‑ und zweckorientiert agierenden imperialen Akteur“ (17). Der Herausgeber ist im Generalsekretariat des Rates der EU mit den Bereichen Justiz und Inneres betraut und zusätzlich an der Universität Wien tätig, an der er einige Diplomarbeiten betreut hat, deren Ergebnisse in diesem Sammelband dokumentiert werden.
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Rubrizierung: 3.62.673.54.42 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Stefan Brocza (Hrsg.): Die Auslagerung des EU-Grenzregimes. Wien: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39195-die-auslagerung-des-eu-grenzregimes_47113, veröffentlicht am 17.12.2015. Buch-Nr.: 47113 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken