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Martin Sebaldt

Pathologie der Demokratie. Defekte, Ursachen und Therapie des modernen Staates

Wiesbaden: Springer VS 2015; X, 250 S.; 39,99 €; ISBN 978-3-658-09518-5
Mit „Verschuldung“ und „Politikverdrossenheit“ nennt Martin Sebaldt eingangs Schlagworte aus dem Problemkatalog moderner Volksherrschaft. Obschon die Erforschung demokratischer Strukturschwächen Konjunktur habe, „hat dies bis heute nicht dazu geführt, die einzelnen Defektdiagnosen und die Benennung der jeweiligen Ursachen in einer [...] ‚Pathologie der Demokratie‘ zu synthetisieren“, schreibt er und gibt damit die Aufgabe seiner „Pilotstudie für eine nachfolgende umfänglichere Untersuchung“ (3) vor. Sie ist „primär als theorieorientierter Problemaufriss“ (13) angelegt und soll die Voraussetzung schaffen für den in Folgestudien durchzuführenden empirischen Vergleich moderner Demokratien. Den medizinisch konnotierten Pathologie‑Begriff wählt der Autor mit Bedacht, will er doch die Ursachen der einzelnen Demokratiedefekte „im Sinne einer medizinischen Ätiologie“ (3) systematisch herausarbeiten und zudem Impulse für eine Therapie der Demokratie setzen. Das schnörkellos geschriebene Werk ist in sieben Abschnitte gegliedert. An die Problemskizze knüpfen Überlegungen zu Zweck und Herausforderungen einer Pathologie der Demokratie an, ehe Sebaldt deren theoretische Grundannahmen formuliert. Fluchtpunkt seiner Theoriemodellierung ist die These, „dass Defekte und Funktionalität der Demokratie nicht kategorial voneinander getrennt werden können, sondern der jeweilige Zustand der ‚Gesundheit‘ sich gleichsam als ‚goldene Mitte‘ zwischen zwei pathologischen Extremen begreifen lässt“ (67). Darauf aufbauend entwirft er eine in Form von acht Problemfeldern ausdifferenzierte Systematik demokratischer Defekte. Im Feld demokratischer Inklusion beispielsweise geht es um die Balance „zwischen einem Zuwenig an politischer Einbindung (Oligarchisierung) und einem exzessiven Überschuss (Vermassung)“ (82). Anschließend folgt im ätiologischen Abschnitt die Ursachenanalyse zu jedem der zuvor abgegrenzten acht Problemfelder. So sei etwa eine pathologisch unterentwickelte beziehungsweise übertriebene demokratische Inklusion auf die Handlungskonzepte des Elitismus beziehungsweise Kollektivismus zurückzuführen. Den funktional erstrebenswerten Mittelweg zwischen beiden Extremen bezeichnet Sebaldt im nächsten, die „therapeutischen Konsequenzen“ (13) aufzeigenden Abschnitt als „dosierte Treuhandschaft“ (158). Demokratie, so das Fazit im Schlusskapitel, sei ein „defektanfälliges Konstrukt“, wobei das „pathologische Gesamtsyndrom nicht trennscharf von den jeweiligen Funktionalitätsprofilen absetzbar ist“ (195).
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Rubrizierung: 2.22.215.41 Empfohlene Zitierweise: Ulrich Heisterkamp, Rezension zu: Martin Sebaldt: Pathologie der Demokratie. Wiesbaden: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39188-pathologie-der-demokratie_47781, veröffentlicht am 10.12.2015. Buch-Nr.: 47781 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken