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Franz-Werner Kersting / Clemens Zimmermann (Hrsg.)

Stadt-Land-Beziehungen im 20. Jahrhundert. Geschichts- und kulturwissenschaftliche Perspektiven

Paderborn: Ferdinand Schöningh 2015 (Forschungen zur Regionalgeschichte 77); 333 S.; 38,- €; ISBN 978-3-506-78152-9
„Die Welt scheint zur Stadt geworden zu sein, zumal das urbane Element auch global seine Dominanz weiter ausbaut“ (9) – einerseits. Andererseits sei trotz der sich vollziehenden Angleichungsprozesse der Stadt‑Land‑Gegensatz „keineswegs an sein Ende gelangt“ (11), skizzieren die Herausgeber den Ausgangspunkt ihrer Forschungen zum Wandel der sozialräumlichen Beziehungen zwischen Stadt und Land. Dabei verfolgen sie zwei übergeordnete Ziele: Erstens geht es ihnen darum, Stadt‑ und Agrargeschichte nicht als zwei getrennte Forschungsfelder zu betrachten, sondern diese als wechselseitige Beziehungsgeschichte zu etablieren. Damit öffne sich der Blick auf die Verbindungen zwischen urbanen und ländlichen Räumen und lasse zudem Zwischenräume erkennbar werden. Zweitens soll der Dialog zwischen der anwendungsbezogenen und der historischen Forschung gefördert werden. Dieses Vorhaben ist in dem Sammelband abzulesen. Er ist aus einer Konferenz des LWL‑Instituts für westfälische Regionalgeschichte und des Lehrstuhls für Kultur‑ und Mediengeschichte der Universität des Saarlandes hervorgegangen, die im Rahmen des Forschungsverbundes „Stadt‑Land‑Beziehungen im 20. Jahrhundert“ im Oktober 2012 in Münster stattfand. Während es im ersten Teil um grundlegende Aspekte und Paradigmen der historischen und soziologischen räumlichen Forschung geht, werden in den weiteren Kapiteln einzelne Entwicklungen und Phänomene untersucht. So zeigt Gunter Mahlerwein am Beispiel der Musik die Beharrungskräfte ländlicher Kulturen auf. Julia Paulus befasst sich mit Politisierungsprozessen von Frauenbewegungen im ländlichen Raum. Wenn sich städtische und ländliche Lebensmuster zunehmend vermischen und politische Bündnisse „quer zur Parteien‑ und traditionellen Vereinslandschaft verlaufen“, kann, so die Autorin, die „‚Provinz‘ […] durchaus innovativ“ (153) sein. Benno Gammerl blickt aus homosexuellenhistorischer Perspektive auf den Wandel der Stadt‑Land‑Beziehungen und hinterfragt die gängige Annahme, „die Normalisierung der Homosexualität stünde in einem engen Zusammenhang mit Urbanisierungsprozessen“ (156). In weiteren Beiträgen geht es unter anderem um die Analyse von Visualisierungen von städtischen und ländlichen Lebenswelten. Trotz seiner geschichts‑ und kulturwissenschaftlichen Ausrichtung eröffnet der Band durch den vorgenommenen Perspektivwechsel neue Zugänge zum Verständnis von Transformationsprozessen, die auch für politikwissenschaftliche Fragestellungen nutzbar gemacht werden können.
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Rubrizierung: 2.3 | 2.313 | 2.325 | 2.35 | 2.36 | 2.4 | 2.5 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Franz-Werner Kersting / Clemens Zimmermann (Hrsg.): Stadt-Land-Beziehungen im 20. Jahrhundert. Paderborn: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39099-stadt-land-beziehungen-im-20-jahrhundert_47297, veröffentlicht am 19.11.2015. Buch-Nr.: 47297 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken