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Hamed Abdel-Samad

Der islamische Faschismus. Eine Analyse

München: Droemer 2014; 223 S.; hardc., 18,- €; ISBN 978-3-426-27627-3
Hamed Abdel‑Samad knüpft in seiner Betrachtung des radikalen Islam – hier zunächst vor allem in Gestalt der Muslimbruderschaft – an die Totalitarismus‑Theorie an. Dort, wo die Faschisten, Kommunisten oder Islamisten die Macht übernommen haben, so seine Gedankenführung, haben die Machthaber die Gesellschaft in „Freiluftgefängnisse“ (25) verwandelt. Weiter heißt es: „Da, wo der islamische Faschismus die Macht übernommen hat, wie im Iran, im Sudan, in Nigeria, Somalia und Gaza, sind brutale Diktaturen entstanden.“ (26) Im nächsten Schritt argumentiert er: „Der Faschismus ist in gewisser Weise mit dem Monotheismus verwandt.“ (60) Demnach sind Polytheisten toleranter als Monotheisten, insbesondere sei der abrahamitische Gott eifersüchtig und dulde keine Götter neben sich. Der Autor geht davon aus, dass die Idee, dass es nur einen Gott gibt, der uns geschaffen hat, der alles bestimmt, was mit uns geschieht, „der Ursprung der religiösen Diktatur“ (61) ist. Dabei trumpft er mit Thesen auf wie der, dass Faschismus und Islamismus die Krankheiten „verspäteter Nationen“ (22) seien. Bei aller Richtigkeit der Analysen sei es gestattet festzuhalten, dass der Begriff islamischer Faschismus ein Kampfbegriff ist und wissenschaftlich betrachtet hinkt. Denn sicher ist der Islamismus totalitär und kulturrassistisch, aber nicht biologistisch und rassistisch wie die faschistische und nationalsozialistische Ideologie. Die faschistische, nationalsozialistische, kommunistische und islamistische Ideologie ist jeweils totalitär, aber sie unterscheiden sich in ihren Begründungen. Zum Islam selbst schreibt Abdel‑Samad, dass dieser heute „das eigene Mittelalter“ (24) erlebe. Die Islamisten sähen sich dabei permanent drei Feinden gegenüber: dem Westen, Israel und dem inneren Feind. Dass es auch andere Zeiten gegeben hat, zeigt Abdel‑Samad in einem Rückblick auf verhältnismäßig tolerante Phasen der islamischen Geschichte, in der Goldenen Zeit der Abbasiden hätten sich die jüdische und islamische Kultur gegenseitig beeinflusst. Heute jedoch sei in der arabischen Welt der „Hass gegen Juden zum Kern auch des Geschichts‑ und Nationalkundeunterrichts“ (97) geworden. Der Antisemitismus sei aber heute „nicht nur Ausdruck einer gefährlich gestörten Selbstwahrnehmung der Muslime“ (98), sondern könne vor allem zunehmend aufgrund einer Gleichgültigkeit vieler Europäer gedeihen. Der Autor lobt daher die Arbeit von „Galionsfiguren des liberalen Islam in Deutschland“ (184), dabei fallen Namen wie Lamya Kaddor und Mouhanad Khorchide. Umso mehr warnt er vor extremistischen Predigern wie Pierre Vogel, die durch ihre Gewaltphantasien die „geistige Infrastruktur für den Terrorismus“ (186) schaffen. Daher fordert Abdel‑Samad ein Verbot von salafistischen Organisationen in Deutschland und kritisiert, dass die Islamisten im Westen sich leicht organisieren und neue Anhänger rekrutieren können, „weil sie weder den Repressionen eines Polizeistaates ausgesetzt seien noch sich um finanzielle Probleme Sorgen machen müssen“ (213).
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Rubrizierung: 2.252.232.22 Empfohlene Zitierweise: Wahied Wahdat-Hagh, Rezension zu: Hamed Abdel-Samad: Der islamische Faschismus. München: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39088-der-islamische-faschismus_45760, veröffentlicht am 19.11.2015. Buch-Nr.: 45760 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken