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Philip Pettit

Gerechte Freiheit. Ein moralischer Kompass für eine komplexe Welt. Aus dem Amerikanischen von Karin Wördemann

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2015; 308 S.; 29,95 €; ISBN 978-3-518-58622-8
„Gerechtigkeit ist Freiheit, Freiheit ist Gerechtigkeit“ (22). Diese These erläutert Philip Pettit in seinem neuen Werk, in dem sein bekanntes, in der Tradition des Republikanismus stehendes Verständnis von Freiheit als Nicht‑Beherrschung als „moralischer Kompass“ (23) dient, der einen durch die Komplexität des 21. Jahrhunderts navigiert. Um die These nachvollziehbar werden zu lassen, expliziert Pettit sein Freiheitsverständnis im ersten Teil historisch und systematisch. Im zweiten, innovativen Teil zeigt Pettit auf, was Gerechtigkeit jeweils bedeutet, wenn man sie mit dem republikanischen Freiheitsideal unmittelbar verbindet und welchen Test Gesellschaften bestehen müssen, damit sich sagen lässt, sie verfügen über ein immer nur anhand von kontextuellen Kriterien zu bestimmendes Maß an Freiheit und damit Zugang zu den von Pettit besprochenen sozialen, politischen und globalen Gerechtigkeitsdimensionen. Im Hinblick auf die soziale Gerechtigkeit bedeutet dies, einen Grad an Ressourcenausstattung und Schutz der Grundfreiheiten zu erreichen, durch den der „Blickwinkel‑Test“ (141) bestanden werden kann. Darunter versteht Pettit, dass Personen sich gegenseitig ohne Grund zur Furcht oder Ergebenheit in die Augen schauen können. Im Hinblick auf die politische Gerechtigkeit betont Pettit die aktive Kontrolle und Möglichkeit der Anfechtung von politischen Entscheidungen durch die Bürger in einer Demokratie. Hier fungiert der „Pech‑gehabt‑Test“ (191) als Legitimitätskriterium politischer Entscheidung. Danach liegt eine hinreichende Kontrolle für Bürger vor, wenn diese glauben können, es sei am Ende nur Pech – nicht jedoch böser Wille oder Willkür – gewesen, wenn eine politische Entscheidung nicht ihren Präferenzen entspricht. Im Hinblick auf den Zusammenhang von Freiheit und globaler Gerechtigkeit vertritt Pettit ein Ideal, durch das jedes Volk ermächtigt und von einem Staat repräsentiert wird. Für Formen der Unterstützung und des Eingreifens durch internationale Organisationen in Fällen von Armut oder Repression hält Pettit verschiedene, von seinem Freiheitsverständnis geleitete Vorkehrungen vor. Letztlich soll auf der globalen Ebene ein „offener‑Rede‑Test“ den Gerechtigkeitsgrad anzeigen. Diesem Test zufolge soll jedes Volk, vermittelt durch einen repräsentativen Staat, in der Lage sein, ein anderes Volk als „Gleicher unter Gleichen“ (237) anzusprechen. Pettit hat mit seinem neuen Werk seine republikanische Freiheitsidee auf gut verständliche Art in eine umfassende Gerechtigkeitstheorie transformiert, die er zudem am Ende des Buches lesefreundlich auf 20 Seiten zusammenfasst.
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Rubrizierung: 5.425.43 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Philip Pettit: Gerechte Freiheit. Frankfurt a. M.: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38934-gerechte-freiheit_47537, veröffentlicht am 01.10.2015. Buch-Nr.: 47537 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken