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Institut für Entwicklung und Frieden / Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg / Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung / Bonn International Center for Conversion / Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (Hrsg.)

Friedensgutachten 2015

Berlin: Lit 2015; VI, 247 S.; 12,90 €; ISBN 978-3-643-13038-9
Ausgehend von der auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 angestoßenen Debatte über die „deutsche Verantwortung in der internationalen Politik“ fragen die Herausgeber_innen, was hinter diesem „Ruf nach Verantwortung“ steckt: So könne er für ein innenpolitisches Werben für mehr außenpolitisches Engagement, aber auch für eine Rechtfertigung militärisch gestützter Interessenvertretung einer „‚normalisierte[n]‘ Mittelmacht“ (V) stehen. Die Herausgeber_innen plädieren für eine deutsche Verpflichtung für den Frieden; militärischer Aufstockung stellen sie die „viel wichtiger[e]“ (22) Frage gegenüber, ob eine Verbesserung der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr eine sinnvolle politische Antwort auf die aktuellen Krisen darstellt. Verantwortungsvolle Außenpolitik basiere auf einer „responsibility to prevent“ (23): Trotz teils illusorischer Erwartungen in den vergangenen 25 Jahren sei die Trias aus ziviler Krisenprävention, Demokratieförderung und Entwicklungszusammenarbeit hierfür der Königsweg. Man müsse ihre Instrumente nüchtern prüfen und, wo nötig, an die geänderte Weltlage anpassen. Der Einsatz militärischer Gewalt sei jedenfalls, so Corinna Hauswedell, für eine auf Respekt gegründete internationale Kommunikation kontraproduktiv. Lothar Brock gibt zu bedenken, dass gegenwärtige Krisen die Politik erneut auf Fragen der militärischen Gefahrenabwehr verengen könnten; demgegenüber biete die Post‑2015‑Agenda eine Chance, „die normativen Grundlagen der kontrafaktisch gedachten internationalen Gemeinschaft zu festigen“ (159; zur „globalen Verantwortung“ siehe auch Buch‑Nr. 47539). Für Wolfgang Zellner ist ein „echte[r], nichtpropagandistische[r] Dialog auf staatlicher Ebene“ der vielleicht wichtigste Schritt für einen „Stabilitätsrahmen“ (59) in der Ukraine‑Krise – dafür sei bislang aber wenig Bereitschaft gegeben. Die mit dem OSZE‑Vorsitz Deutschlands 2016 verbundenen Erwartungen seien daher eher zu dämpfen. Jochen Hippler argumentiert, dass der Aufstieg des „Islamischen Staates“ nicht primär durch religiöse Faktoren zu erklären sei, sondern durch schwache Staatlichkeit – Luftschläge seien daher keine Konfliktlösung, sondern erfüllten allenfalls eine Hilfsfunktion. Im Hinblick auf den Umgang mit zurückkehrenden IS‑Kämpfern warnt Martin Kahl vor einer Kriminalisierung und Verdächtigung bestimmter Bevölkerungsgruppen. So könnten Deradikalisierung und Reintegration blockiert sowie zur Radikalisierung beigetragen werden. Das Friedensgutachten 2015 überzeugt auch deswegen, weil es gelungen ist, die größtenteils erfreulich reflektierten Einzelbeiträge in einer gemeinsamen Stellungnahme der Herausgeber_innen widerzuspiegeln und so, trotz der breiten Themenwahl, einen roten Faden in der Argumentation zu entwickeln.
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Rubrizierung: 4.412.614.212.252.634.452.274.442.24.3 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Simon, Rezension zu: Institut für Entwicklung und Frieden / Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg / Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung / Bonn International Center for Conversion / Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (Hrsg.): Friedensgutachten 2015 Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38933-friedensgutachten-2015_47509, veröffentlicht am 01.10.2015. Buch-Nr.: 47509 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken